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195. Ein arm man sol nicht reich sein

Wa III 383 Mann 507; vgl. III 56 Leute 162. Den gebräuchlichen Sinn des Sprw. giebt 175 Arme Leute dürfen sich den Grossen nicht gleich stellen; 218 Arme Leuth sollen nichts haben, sonst wären sie nicht arm. Vgl. Reineke Vos 554 en arm man en is jo nen greve. Uhland, Volksl. Nr. 279 V. 11

Nichts wirs [ärger] verdreusst mich in der welt,
das merkent aigenleich!
wann dasz die armen hond kain gelt
und seind auch selten reich.

Simpl. II 172, 14 Ich nahm kein Gelt zum Almosen an, weil ich wuste, was mir solche Gewohnheit in meiner eremitage genutzt; und wann mich jemand dessen etwas zu nemen tringen wolle, sagte ich: Die Bettler sollen kein Gelt haben.

Bei Luther vgl. Weim. Ausg. XX 110, 32 Neque tuarum virium est hunc aut illum haeredem locupletare. Es heisst, arme leut sollen nicht reich sein. Feceris, quicquid voles; non locupletabis, quem Deus vult esse pauperem. EA 21, 336 Wer arm will sein, sollt nit reich sein; will er aber reich sein, so greif er mit der Hand an den Pflug und suchs ihm selbs aus der Erde.

Verwandte Ra: EA 32, 47 Dr. Pommer sagt: wat, Blinde möten nich sehen, sie wollens so haben. 37, 26 Denn wer blind ist, der soll nichts sehen (Vgl. Wa V 1014 Blind 32.). 64, 111 Narren sollen nicht klug sein, und wollen doch immer klügeln. 30,229 Eine Sau soll keine Taube sein und der Kukuk keine Nachtigall. – Vielleicht auch 30,234 Eine Frau soll nicht Herr sein im Hause.

Ich möchte annehmen, daß das Sprw. erst in späterer Zeit in dem Sinne gebraucht wurde: »Jeder wolle scheinen was er ist und sein was er scheint«, und daß sein ursprünglicher Sinn ein andrer war. Nach Grimm, Rechtsalt. 312 kann arm zusammengesetzt mit Mann oder Leute zwar im Allgemeinen die unreichen, geringen bedeuten, unleugbar aber werden unter Armmann, Armeleute die unterwürfigen Dienstleute, die Unfreien verstanden. Den Sinn des Sprw. gäbe dann die Rechtsregel wieder: Ein Unfreier darf nicht unbeschränkter Herr und Besitzer von Grund und Boden sein.

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