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190. Inn baurn gehort habber stro

Das Sprw. drückt eine Geringschätzung des Bauernstandes aus, die daher kommt, daß bei Zunahme der Städte und Burgen der Unfreie auf das Land und den Feldbau beschränkt wurde, und in Folge dessen der Bauer für einen Gegensatz des Herrn und Ritters (und für roh und ungebildet) galt. Vgl. Grimm, Rechtsalt. 316. Ursprünglich lautete das Sprw. aber nicht auf Bauer, sondern, wie Wa II 1688 Kuh 84; 342; 590; I 856 Esel 38; III 1094 Ochs 33 zeigt, auf das liebe Vieh. Dazu vgl. Wa I 255 Bauer 6; 69; 235; 237. Auch aus Luther weist Dietz II 200 nach: was sol der kuhe muscaten, sie jsset wol haberstro (Tischr, 4 a). Vgl. Simplicius I 151, 2 dem Ochsen gehöret Haberstroh. Ähnlich bei Luther Lösche 324 In eine sau gehören treber. EA 24, 321 Es gehören Artikel von Trestern und Kleien, von Knochen und Beinen fur solche Heiligen. Was soll der Säu Muscaten? 44, 311 Der Sauen gehoren auch Treber und der Kuhe Gras. 50, 108 Psalter hinschnurren und schnattern, wie die Gänse ihr Haberstrob fressen.

Diese Wendungen entsprechen dem Sprw. der Alten Similem habent labra lactucam (Otto S. 182) und drücken ganz allgemein den Gedanken aus, daß die Werthschätzung namentlich von geistigen Genüssen sich nach der Bildungsstufe richtet, weshalb man solche nicht an Ungebildete wegwerfen solle. Die besondere Anwendung auf den Bauer bleibt nicht ohne Widerspruch. Vgl. Egenolf 14 b und 221 a Daher singen und sagen sie [»die hochtrabenden gelerten verkerten«]: Bacche bibat doctus tua munera rusticus undam, Inn bauren gehört haberstro, die gelerten sollen wein trincken.

NB 28, 59
Ich hab noch ein tochter, die ist blindt,
Ist rotzig gar und hat den grindt,
Die gib ich einem puren do;
Es hört in die puren haber stro.

NB 33, 38
Ich habs doch on das gehört also,
Es hör in die puren haber stro.

Im Zorn hat auch Luther dieses und ähnliche harte Worte über die Bauern geäußert, vgl. De W II 669 Der weise Mann saget: Cibus, onus et virga asino, in einen Bauren gehöret Haberstroh. Sie hören nicht das Wort, und sind unsinnig: so müssen sie die Virgam, die Büchsen, hören, und geschieht ihnen recht (Dietz II 199). Preger 116 Deinde ludens cum infanti suo dixit: Ahe, optima est dei benedictio, qua rustici non sunt digni, sie solten stro haben. Vgl. Wrampelmeyer 1397 Deus qui misericors est, gehort nicht fur die pauern, sed ille qui pestes immittit, bella etc. Der ist recht fur sie. – Die Umkehrung dieses Sprw. ist EA 52, 280 (Wie man spricht: Was gut ist gehort in die Pfaffen.

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