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12.
Auch zur Philosophie der Ehe.

Unser alter Hausfreund, den das schöne Wetter hinausgelockt, spazierte in der Nähe seiner Wohnung auf dem Promenadenplatz in kleinen Strecken hin und her. Er schien in tiefem Sinnen, aber er schien es nur. Eben erst murmelte er: »je ernster die Zeiten, je ärger die Narren – recht so! wer nicht närrisch ist, muß wenigstens närrisch thun und unter den Wölfen mitheulen, wie in der Kirche mitsingen. Das Recht ein Narr zu sein, ist auch mit uns geboren, ist auch ein unveräußerliches Grundrecht aller Menschenkinder ...« Ein paar Bekannte begrüßten ihn. »Weshalb waren Sie denn nicht auf der Maskerade? Sie wurden schmerzlich vermißt.« »So – und wer sagt Ihnen, daß ich nicht da war? Sie erkannten mich wol nur nicht.« »Ah, recht gut – in welcher Maske, wenn man fragen darf?« »Das wäre eigentlich Ihre Sache, zu rathen, aber weshalb soll ich jetzt noch ein Geheimniß daraus machen? Haben Sie nicht Faust und Gretchen bemerkt? Nun also! ... Das war ich und Tante Malchen.« »Bravo! Immer besser! Eine allerliebste Idee. Schade, daß es nur bei der Idee blieb. Von der Familie nahm keine Seele Theil, nicht einmal das junge Ehepaar. Man hat sich das auf sehr verschiedene Weise zu erklären gesucht. Die Einen sagten, die Gesellschaft wäre ihnen zu gemischt, sie wollten sich ganz zur Aristokratie halten; sie sollen wirklich viel bei Zeugmeisters und der Oberstin sein. Die Anderen behaupten, die Frau hätte brennend gewünscht, zu unterschreiben, aber er hätte nicht gewollt, und hierüber wäre es zum ersten ehelichen Zwist gekommen. Ich glaube es nicht. Noch keine acht Tage sind's, als ich und meine Frau sie bei jungen Engelrechts sahen, und wir freuten uns noch so recht, sie waren wie Brautleute. Wir aßen an kleinen Tischen, und er saß nicht an demselben Tisch wie sie, da reichte er alle Augenblick eine Assiette hinüber, die dort Niemand haben wollte, oder holte etwas, das sie bei sich schon doppelt und dreifach hatten, zuletzt vergriff sich der gute Baumeister sogar an der Wasserflasche, die vor seiner geliebten jungen Gattin stand, nur um in der Nähe der Unentbehrlichen zu gelangen, obwohl er nach wie vor seinen Durst mit Wein stillte. Freilich – manchmal ändert sich das schnell, so schnell wie Aschermittwoch auf Fastnacht folgt.«

»Sehen Sie doch, meine Herren – unser alter Freund wies mit der Elfenbeinkrücke seines Bambusrohrs auf einen alten Zaun – wie hell die schwefelgelben Flechten der grauen Bretter leuchten. Als erst der gelbe Postwagen vorbeifuhr, fiel es mir bereits auf, es ist schon eine ganz andere Kraft im Sonnenlicht – so etwas Goldiges – es will wahrhaftig wieder Frühling werden!«

Die Herren, die den Wink verstanden, empfahlen sich. Der Eine sagte nur noch: »Ihr Wort in Ehren – also Sie waren der Faust? Von wegen des jugendlichen Gretchens werde ich mit Ihrer Erlaubniß noch nähere Nachrichten einziehen, ich werde Fräulein Malchen selbst fragen – es interessirt mich.« »Ja, ja, thun Sie das nur.«

»Die Schwätzer! – Ich bin froh sie los zu sein. Und was sie da munkelten von dem jungen Paar? Hm! Unmöglich wäre es ja nicht. Ich möchte es wahrhaftig wissen, nicht aus Neugierde, die liegt mir fern, aus aufrichtiger Freundschaft. Ach was ... Unsinn! Nein ich glaube es nicht – noch sind sie nicht so weit, aber wissen möchte ich's. Jetzt träfe man sie wol gerade bei Alborns? Und da ich einmal unterwegs, es sind ja nur die paar Schritte.«

Unser alter Freund fand das junge Paar in der That bei den Geschwistern und einigen andern Besuch. Auch das hatte seine Richtigkeit, von uns war Keiner auf dem Maskenball. Wir bedauerten es um so weniger, da es lange nicht so hübsch gewesen sein sollte, als das Jahr vorher. Der alte Herr bestätigte das: »Viel verloren haben Sie nicht. Ich sprach diesen und jenen und ließ mir erzählen. Das Beste war eine Quadrille von poetischen Liebes- und Ehepaaren.« »Davon haben wir ja noch gar nicht gehört.« »Käthchen von Heilbronn und Graf Wetter von Strahl, Hermann und Dorothea, Tell und Hedwig, Odysseus und Penelope. Harlekin und Colombine eröffneten den Zug, und wie sie eben aus dem Vorsaal, wo die Masken sich versammelt, in den Saal wollten, schloß sich noch ein unerwartetes Paar an, Sokrates mit der Xantippe. Das war doch wenigstens was Neues, ich erinnere mich nicht, daß wir die hier schon auf einer Redoute gehabt.« »Wie waren die denn? Führten sie ihre Rolle gut durch?« »Sie scheinen sich Mühe gegeben zu haben. Einzelnes geht wol an – nach dem, was man mir so sagte – Anderes war schwächer. Vieles albern und Manches gar zu klobig. Sie kennen mein unglückliches Gedächtniß für solche Schnurren, dafür sind Namen, Jahreszahlen und andere nützliche Dinge in meinem alten Kopf wie in den Schornstein geschrieben – leider! Wenn es Sie interessirt, kann ich Ihnen ja ein paar Proben geben, und Sie urtheilen dann selbst. Das antike Kostüm der Xantippe soll in Schnitt und Colorit täuschende Aehnlichkeit gehabt haben mit einem modernen Kaffeesack oder schlumpigen Morgenrock. Als Attribut der streng ordnungsliebenden Hausfrau führte sie ein Staubtuch und säuberte immer erst die Stühle, auch den besten Divan im ganzen Local, ehe sie sich setzte, wie im Sommer, wenn man auf einer bestaubten Bank im Garten oder an Spazierwegen Platz nimmt. Oder sie knüpfte Gedächtnißknoten in die Zipfel, wie zum Plumpsack und klopfte um so gründlicher ihren weltweisen Herrn Gemahl ab: »Du lehnst dich überall an, wie ein Eckensteher, du nimmst die halben Wände mit auf deinem Rock.« Nachdem sie Stunden lang in der Hitze und dem Gedränge des bunten Maskengewühls zugebracht, bat der Weise seine Frau um etwas Geld. »Wozu?« »Ich möchte an das Büffet.« »Was ihr Mannspersonen für Schlemmer seid! Ohne Essen und Trinken könnt ihr kein Vergnügen haben. Nun da hast du etwas, was du übrig behältst, giebst du mir aber wieder, verstehst du?« »Aber liebe Frau, was soll ich mir denn dafür nehmen?« »Ist das noch nicht genug? Du kannst dir einen ganzen Pfannkuchen kaufen, es braucht ja nicht gleich einer von den größten zu sein und mit der feinsten Füllung. Nimm einen von den kleinen mit Pflaumenkreide, die sind auch sehr schön, sie kosten nur einen halben Silbergroschen und trinke ein Gläschen Wasser dazu, das kostet gar nichts.« Tell stand dabei und hörte das Alles mit an: »Bester Herr, wie könnt Ihr Euch nur so etwas bieten lassen von der bösen Sieben? Das verstehe ich gar nicht.« Sokrates zuckte die Achsel: »Mein braver Tell und Eidgenosse, klein beigeben müssen wir Alle – der Eine hier, der Andere da. Ihr bückt euch nicht vor des Landvogts aufgestecktem Hut, aber hat Frau Hedwig große Wäsche, und die Tisch- und Betttücher, die sie blendend rein gespült in euren klaren Bergwassern, flattern zum Trocknen auf der über den Hof gespannten Leine, muß sich der große Freiheitsheld doch auch ducken und unten durchkriechen, wenn er in sein Gärtlein hinter dem Hause will. Und dann hatten wir ein Wort in Athen: »Die ärgsten Haustyrannen sind oft die allerschwächsten Männer, blos weil sie sich die Schwäche nicht merken lassen wollen.« Da wurde der Tell mit einmal still, sah sich um, als suchte er wen – und ging. Der Postillon von Lonjumeau, der sich auch eingefunden unter den Masken, stellte seine elegante Peitsche ab während des Tanzes, wie Wilhelm Tell die Armbrust. Als er sie nachher wieder an sich nehmen wollte, brachte sie Xantippe schon an, gab sie jedoch nicht ihm, sondern überreichte die Peitsche in einer gewissen auszeichnenden Weise seiner Dame und sagte auf gut Pladdütsch statt fein attisch: »de Pitsch is vör de Fru.« Ich muß gestehen, mir entging die Pointe zuerst, ich fand es einfach plump. Sie scheinen die Geschichte zu kennen.« »O ja zur Genüge.« Ottilie kannte die Beziehung nicht. »Es ist mit zwei Worten gesagt. Jener Bauer hatte seine Frau mißhandelt und so arg – selbst dem phlegmatischen Müller, seinem Nachbarn, war das zu bunt: »Na so wat lewt nich', lat mi däch! ... de Fru mit de' Holzkett' schlai'n – de Pitsch is vör de Fru.« Die holde Xantippe kehrte nun die Betonung und den Peitschenstiel um, daß das dicke Ende nach oben kam und gab so dem gefühlvollen Ausspruch eine etwas andere Richtung.

»Pfui wie gräßlich!« – »Nicht wahr? Aber ich sagte es ja vorher, Einzelnes war zu grob und klobig. Xantippchen selbst mag es gefühlt haben, da sie noch einen versöhnenden Epilog folgen ließ.«

»Nun so gönnen Sie uns den auch, damit wir nicht zu kurz kommen. Kein gutes Stück schließt mit der Dissonanz, wenigstens nicht im Karneval.«

»Sie haben Recht. »Immer bleibt der Mann der Herr im Hause,« fuhr die Frau des Weisen fort: »auf dem letzten Symposion, wie er seine Kneipereien zu nennen beliebt, hat das mein guter Sokrates so oft, so bestimmt und selbstbewußt wiederholt, bis die Anderen sagten: »gut, wenn Ihr der Herr vom Hause seid, muß die Frau thun, was Ihr befehlt.« »Das muß sie.« »Ei – wenn Ihr jetzt heim kommt und befehlt: Frau, steh' auf und back' Flinzen?« ... »Das thu ich aber nicht, das ist ja Unsinn ... wo werd' ich von der Frau verlangen, daß sie bei nachtschlafender Zeit aufsteht und Flinzen backt?« »Aha, Dickthun is mien Rickthum – Knipschens in der Tasche – es lebe der Herr im Hause!« ... und die Zechbrüder lachten und stießen die Becher zusammen, daß es klang und klimperte. »Unsinn bleibt Unsinn, aber wenn ich's durchaus und durchall wollte ...« »So wollt es doch, wenn Ihr die Kourage habt! Aber wir kommen mit.« »Meinethalben, kommt nur Alle mit« ... Also ich schlafe wunderschön und so fest, daß ich sein Rufen nicht höre, er muß mich rütteln und schütteln ... »Was ist ... was ist, Mannchen, liebes, um Gotteswillen?« ... »Nichts ist, steh du jetzt nur auf und back' Flinzen!« »Aber Mannchen, was fällt dir ein? ... leg' dich hin und schlaf aus ... das ist wol wieder 'ne schwere Sitzung gewesen?« »Ich bin der Herr im Hause, und wenn ich sage: »steh auf und back Flinzen,« dann stehst du auf und backst mir Flinzen.« »Na ja ja, sage ich, sei nur nicht gleich schlimm. Mannchen, liebes! Aber ich habe wieder den Fluß auf dem Ohr, ich höre so schwer, ich versteh' dich wol nicht recht, komm blos 'n bischen näher und sag's mir noch einmal.« Nun tritt er dicht an's Bett – und klatsch! back' ich ihm eine: »Da hast du 'ne Flinz' mit fünf Zipfeln! ... Bist du jetzt zufrieden, Kratchen, Mannchen, liebes? Oder soll ich es machen wie die Posegern?« ...

»Wie macht es denn die Posegern?« fragte Sokrates einige Zeit später in einer Schäferstunde. Er war schon lange nicht mehr kneipen gegangen, und Alcibiades und die anderen Herren ließen ihm keine Ruhe: wenn der Alte nicht mit dabei, so wäre das gar nicht das rechte Symposion. Aber er traute dem Frieden nicht, und so suchte er auf gute Manier dahinter zu kommen, wie es die Posegern machte. »Das will ich dir sagen, mein Herzchen ... Er, der selige Poseger – der hatte doch bei den Leibhusaren in Rosenberg gestanden und sich da auch das Saufen so angewöhnt, und sie ist ganz unglücklich gewesen, bis ihr eine alte Frau einen Rath gab. Es war nur ein armes altes Weib, das sich kümmerlich nährte von Pilzensuchen, Spinnen und Federnschließen, aber der Rath war nicht schlecht. Wie er nun wieder toll und voll nach Hause kommt, daß er nur so torkelt und sich gleich auf die Ofenbank schmeißt, und im Nu schläft er und rückt und rührt sich nicht, da geht sie, nimmt das größte und stärkste Laken, wickelt ihn ein und näht ihn ein und läßt ihn ausschlafen bis zum andern Mittag. Als er aufwacht, schreit er und flucht und macht Skandal. Sie bleibt aber ganz ruhig und sagt: »Mannchen, liebes, ich werd' dir man blos erst 'n bischen das Saufen abgewöhnen, ich hab' 'n Recept –« und geht und holt den Bindeknüppel, womit sie die Hafergarben zusammen drehen – und wehren kann er sich ja nun nicht, so 'n großer starker Kerl er ist – und zerdrischt ihn ganz gott'sjämmerlich ...«

»Also was ich sagen wollte, schloß Xantippe, es braucht nicht gerade »de Pitsch'« zu sein: das ist ja nur symbolisch gemeint – die Zipfelflinze, Fünffingerkraut und der Bindeknüppel thun es auch« ... »Nun, bei Faschingsmoral und Faschingsschwänken darf man keine Goldwage anwenden und ich referire ja nur auf Verlangen.«

»Wie finden Sie denn das? Harlekin ließ Colombinchen, die reizend gewesen sein soll, doch auch viel allein sitzen, während er bald hier bald dort seine Possen trieb und die Pritsche handhabte. Da machte sich Xantippe an die Einsame: »Wie lebt ihr lustigen jungen Leutchen denn? Habt ihr schon die erste kleine Meinungsverschiedenheit gehabt? Nicht? Du kannst es mir immer sagen, ich sage es Niemand weiter, es ist ja keine Schande. Also wirklich nicht? Ich gratulire. Sorge nur immer für was Gutes auf den Tisch: das hält die Liebe warm und die Männer bei Haus. Das ist schon viel, damit magst du's hinhalten, ganz verhindern wol kaum ... Versuch' es doch, je länger es geht, desto besser! ... ich will mich herzlich freuen. Ist's aber denn doch so weit – nur nicht weinen, nur keine Thränen! das hilft einmal ... zweimal, meinetwegen auch noch 'n paar Mal. Aber dann ist's auch vorbei. Gegen nichts stumpfen sich die Männer so leicht ab. Zwischenein mal lachen ist nicht übel, das frappirt, das macht sie stutzig, gehört aber zu den scharfen Mitteln, die nur selten und mit großer Vorsicht anzuwenden. Ich will dir ein ganz unschuldiges Hausmittelchen sagen für den Anfang. Wenn der liebliche Pickelhäring unangenehm wird, so wirf du nur – bratsch! den Schlüsselkorb an die Erde, laß Alles liegen – wie es fällt, je mehr es klirrt und rasselt, um so besser – und laufe flink hinaus. Wenn du dann wieder kommst, und die Schlüssel sind alle hübsch artig aufgehoben, dann freue dich, mein Täubchen! und sei guter Dinge, dann hast du gewonnen Spiel. Du brauchst auch gar nicht zu fragen, wer die Schlüssel aufgehoben. Das sind die guten Heinzelmännchen gewesen, die über den Frieden des Hauses wachen. Liegt die ganze Bescherung aber noch da, so verzage nicht gleich und sei liebenswürdiger wie je, aber ein gutes Zeichen ist es nicht.«

»Wie ich das finde? Das finde ich allerliebst,« lachte Ottilie mit der größten Unbefangenheit. Das will ich mir merken.« Max lachte auch, sagte aber nichts.

Unser alter Freund nahm eine behagliche Prise. Es war klar, sie zankten noch nicht, er hatte Recht gehabt. »Viele hielten Frau Sokrates für einen Herrn, obwol die Bewegungen nicht gegen die weibliche Anmuth verstießen. Xantippchen tanzte auch recht niedlich. Um ihr auf den Zahn zu fühlen, verwickelten sie die Damen in ein Gespräch über allerlei intime häusliche Angelegenheiten, und sie wußte so gut Bescheid, es konnte doch kein Herr sein. Wie sie sich dann zuletzt über ihr eheliches Verhältnis aussprach, wurde die Sache wieder zweifelhaft. »Glauben Sie, es ist nicht ein Glück, die Frau eines berühmten Mannes zu sein. Alle Welt paßt einem auf. Aus der Mücke wird gleich ein Elephant gemacht, während bei anderen ehrlichen Leuten kein Hund und kein Hahn danach kräht. Wenn man nur suchen will, findet sich ja überall was. Ich kann mir denken, selbst in jenen gepriesenen Haushaltungen, von denen es heißt, sie leben wie die Tauben, mögen Augenblicke vorkommen, wo sich die glücklichen Ehegatten recht von Herzen unausstehlich sind.« ... Denken Sie sich! Aber das war auch das Stärkste. Als man sich demaskirte, waren Sokrates und Xantippe spurlos verschwunden. Da aber der impertinent blonde junge Scholten hinter der Mohrenlarve steckte, die Nonne Niemand anders als unser durchtriebenes Fritzchen Santrock war, und der jüngste Perwitt, der in Ohnmacht fällt, wenn er einen Tropfen Blut sieht, sich als Räuber bis an die Zähne bewaffnet – vermuthete man, der weise Alte müßte im Privatleben ein thörichter Jüngling und Xantippe die liebenswürdigste aller Frauen sein.«

Tante Malchen, die etwas später gekommen wie unser alter Freund und sich so lange ganz schweigsam verhielt, wurde mit einmal lebhaft. »Verzeihen Sie, aber das weiß ich besser. Xantippe war allerdings keine Frau – und auch kein Mann.« »Um's Himmelswillen, was war sie denn?« »Eine alte Jungfer – die beiden waren dasselbe Paar, das auch noch als Faust und Gretchen erschien.«

– Nein, diese Klatschmäuler! Die waren Malchen begegnet, und der alte Herr konnte sie nicht einmal zur Rede darüber stellen, ihr seinen schlechten Scherz brühwarm aufgetischt zu haben, er hatte es ihnen ja ausdrücklich erlaubt. Wie Einer, der sich verbrannt, schlenkerte er die Finger so lose und beweglich, als hätte er noch nie die Gicht im Handgelenk gehabt. Die Anderen wußten nicht, was das bedeuten sollte. Endlich fand er das Wort wieder: »Dann werden wir wol einen dritten Theil der Tragödie liefern müssen mit bühnengerechtem Schluß. Faust giebt sein unstätes Leben auf, wird ordentlicher Professor einer Hochschule und Gretchen seine Frau Professorin. Auch Mephisto bessert sich, heirathet die verwittwete Frau Schwertlein, und beide Herren werden nach einer so bewegten Vergangenheit doch noch musterhafte Ehemänner und Familienväter.«

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