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5.
Hausmütterchen.

»Du kannst mir Handtücher holen, zwei von dem gewürfelten Muster und zwei mit den kleinen runden Figuren.«

»Ich weiß schon, ich weiß schon, von denen mit den Gänseaugen.«

Hausmütterchen suchte sich selbst den Schlüssel aus dem Korbe, fort war sie wie der Wind und brachte das Verlangte ganz richtig, als hätte die Wäsche schon Jahre lang unter ihrer Verwaltung gestanden.

Als nach einer Gesellschaft das Silber durchgezählt wurde, und die Zahl nicht recht stimmte, fragte sie: »Mama, müssen nicht achtzehn Paar Messer und Gabel sein?«

Ein andermal wieder kam sie: »ich habe eine sehr, sehr große Bitte – laß mich einrühren!« »Nun gut, aber wenn sie dir nicht gerathen, erlaube ich's nie wieder.« »Sie werden schon gerathen.« Und siehe da – die Klöße wurden besser, als von der Hand der Köchin, die noch neu war und sehr freie Ansichten über Klöße hatte: wenn sie nur zusammenhielten, meinte die, weiter sei nichts nöthig. Aber es blieb unter dem Siegel der Verschwiegenheit, und nur ein stiller Wink des Einverständnisses über Tisch zwischen Tochter und Mutter hätte das große Küchengeheimniß beinahe verrathen.

Gern sahen wir Hausmütterchen auf ihrem kleinen Schemel sitzen, die Kaffeemühle im hohl eingespannten Röckchen, wie sie die Kurbel bedächtig drehte oder die aufgeschütteten gebrannten Bohnen zurecht strich: denn keine durfte nebenbei heraushüpfen, alle mußten hübsch ordentlich nach und nach hineinfallen, zwischen die Zähne des knatternden Rades, bis der ganze Vorrath, zu köstlich duftendem braunem Mehl zermalmt, unten das Schiebkästchen füllte.

Und das verrichtete Hausmütterchen Alles so zierlich, so sauber! Ohne Jemand schmeicheln zu wollen, wir haben auch manche kleine Finger kennen gelernt, von denen weißer Wachs, der zu Spielereien verwandt werden sollte, beim Kneten die schöne dunkle Färbung des Ebenholzes annahm, und diese ersuchten wir lieber nicht, uns Aepfel oder Kartoffeln zu schälen.

Auch Handarbeiten machte Hausmütterchen schon recht nett; sie nähete ihren Saum – es mußte nur so sein. Sie strickte kraus und glatt, zum Aufschlagen und bei der Hacke bedurfte sie freilich noch andere Nachhülfe als die – der Zunge, die gar zu gern bei schwierigen Operationen hervorkam und sympathisch mitagirte: »Kind, das gewöhne dir nun aber ab – bedenke, du bist ja unsere große Tochter! In vier Jahren wirst du zehn. Wie ich neulich bei Frau Rademacher war, schlug sich die Auguste selbst auf und schnitt nicht solche Gesichter.« Nun, die Auguste Rademacher mochte ja viel geschickter sein, aber sie wurde auch immer als Muster vorgehalten!

»Dabei ist Hausmütterchen gar nicht so dumm, wie sie aussieht,« hieß es in einem Kinderbriefe. Gewiß nicht – sie rechnete Dividirexempel mit weiß Gott! wie viel Zahlen vor dem Strich und hinter dem Strich und lernet Lieder auswendig von einer Länge, daß es dem galanten Verfasser des Briefes aufrichtig lieb sein mochte, die Lieder nicht selbst »aufbekommen« zu haben.

Jeden Sonnabend räumte sie ihr Schränkchen auf, und jeden Sonntag war es ihr sehnlichster Wunsch, einmal in die Kirche mitgenommen zu werden.

– »Schade, daß Hausmütterchen nicht ein bischen hübscher ist!«

– »Nicht hübsch? Nun, wir wüßten doch nicht, daß der liebe Gott etwas an ihr vergessen. Freilich so ein weißes Fellchen hat sie nicht wie die kleine Eve. Was thut's, die Bunzlauer Kännlein sind noch viel brauner und halten das Frühstück doch länger warm, als das weißeste Porzellan; gut Warmhalten soll ja aber eine Hauptsache sein bei Kaffeegeschirr und Hausmutterherzen. Wir werden sie mal bei Licht verkaufen müssen.«

Hausmütterchen war ein gutes Geschöpfchen.

*

 


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