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5.
Frühjahrsbestellung.

Die Eggen hüpften wie im Tanze über das lockere, stäubende Land und zogen jene rund geschwungenen Parallellinien, welche nachher auf dem fertig bestellten Acker nur wie ein Zeichen der vollendeten Arbeit aussehen, das sagen zu wollen scheint: »nun ist gethan, was des Menschen Fleiß und Ausdauer vermag; wenn der Himmel aber bald Regen schenken wollte, das wäre sehr schön!«

Die Eisenzinken, die mit ihren fingerlangen scharfen Spitzen in die Erde griffen, verfolgten jedoch sehr ernste praktische Zwecke, die ausgekämmten Unkrautwurzeln wußten davon; auch der arme Landfrosch, den sie ohne bösen Willen mitrissen, daß er sich einigemal überkugelte und dann elendiglich liegen blieb mit blutendem, aufgeschlitztem Leibe. Aber der strenge Boden dort auf der Lehmkuppe verlangte stark frottirt zu werden, ja er nahm es gar nicht übel, wenn die größten, zähe zusammenbackenden Erdstücke mit derbem Schlägel zerklopft wurden. Eggen an einem schönen Apriltage ist eine vergnügliche Beschäftigung. Die Knechte saßen wohlgemuth im Sattel, baumelten mit den Füßen, die sie lose im Bügel hatten, und ritten einen muntern Schütteltrab. Dazu sangen und pfiffen sie flotte Gassenhauer, die sie variirend noch mehr verdudelten, um die Weise ganz ihren bukolischen Originalempfindungen anzupassen. Und wie bei der Militärmusik, wenn genug geblasen ist von den Spielleuten, die Trommler ihre harten Wirbel beginnen, so fingen die Knechte, wenn sie das Trillern und Pfeifen satt hatten, mit den Peitschen zu knallen an, was das Platzband halten wollte; die Jacken wippten ihnen nur so im Kreuz zwischen den schwanken Schulterblättern! Am besten verstand das Knallen Franz »der Reservist«; er hatte »drei Jahre seinem König treu gedient«, ließ sich nichts Ungebührliches sagen und hielt überhaupt etwas auf seine Person. Bald holte Franz weit aus zu einzelnen langen Klatschhieben, bald schwenkte er den geflochtenen Peitschenstiel in raschem Wechsel hin und her, daß es eine ganze lustige Knatterkadenz gab, und dann wieder, indem er das Nützliche mit dem Angenehmen verband, schlängelte sich die Schnur bis an das zuckende Ohr des einen Vorderpferdes, damit es auch gefälligst in die Stränge ging und die Fuchsstute unter der Leine nicht allein ziehen ließ.

Nebenbei auf dem siebenten Schlage wurde gepflügt, und die Saatkrähen waren scheu und frech zugleich hinterher in der Furche, wie sich nur eben die Welle der feuchtduftigen Schollen vor der Pflugschar weiter und weiter aufrollte. Wenn aber beim Umwenden am Raine oder auf der andern Seite am Feldwege etwas von der schwarzen Dammerde über den Acker hinausfiel, so holte der Pflüger die kostbare Substanz bis auf die Krümel sorgsam zurück mit dem scharrenden Sohlrande seiner derben Stiefel. Der siebente Schlag war der beste des ganzen Gutes, wahres Kronland; und bauten die jungen Leute Luftschlösser, so fehlten auch nie im freien Reich der Wünsche so und so viel Hufen von der Bodenklasse »des Siebenten«.

Unsern Ferdinand interessirte am meisten die Säemaschine, deren Anwendung ihm neu war. Die schaffte prächtig, und es war viel ökonomischer. Man sah daneben aber auch noch den Mann mit weißem Laken um die Schulter die Beete entlang gehen und Saatkörner ausstreuen, gleichsam luftige Garben goldener Hoffnung, welche der fruchtbare Schooß der Erde in reichlicher Vermehrung wieder zu geben versprach. Und so war vielleicht schon vor Jahrtausenden der Säemann über den Acker geschritten, als noch im lebendigen Glauben der Menschen die schöne Sage lebte, wie einst die Göttin ihre zur Unterwelt entführte Tochter von Pol zu Pol suchend, umherirrte und den Völkern als Gastgeschenk die ersten Aehren brachte. Begegneten sich aber auf der Grenzscheide die Maschine und der Ackersmann, der aus freier Hand säete, so war es, als träfe der Erbe grauer Vorzeit mit dem Vertreter der Zukunft des Menschengeschlechts zusammen und reichte ihm das ewige Pfand der Seßhaftigkeit und friedlichen Gesittung.

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