Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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213. Das Licht als Arbeiter

Quelle: Dr. Christian Ries: »Sehende Maschinen«. Verlag Jos. C. Huber, Dießen vor München, 1916.

Unter der großen Zahl der eigenartigen Naturerscheinungen ist eine der seltsamsten die Eigenschaft des Selens, eines mineralischen Elements, bei wechselnder Belichtung seinen Widerstand gegenüber dem elektrischen Strom zu verändern. (Auch Schwefelsilber, einige Silbersalze und Antimonit zeigen diese Eigentümlichkeit.)

Für gewöhnlich ist der Widerstand des Selens sehr groß, er nimmt aber ab mit der Stärke des Lichts, die darauf fällt. Auf diese Weise wird es möglich, schwankende Lichtintensitäten in elektrische Arbeit umzuwandeln, auftretende Helligkeitsänderungen zur Betätigung von Apparaten zu zwingen.

So gibt es bereits die Lichtklingel. Es ist das ein Apparat, an dem die Schaltung des Stroms für ein elektrisches Läutewerk durch den Zustand einer Selenzelle (indirekt, mittels eines Relais) beeinflußt wird. Befindet sich die Selenzelle im Dunkeln, so ist der Klingelstrom ausgeschaltet, wird sie beleuchtet, ertönt sofort das Läutewerk. Diese Anordnung kann man nun leicht für Wirkungen benutzen, die eigentlich weit großartigere Zauberkunststücke darstellen als die meisten Darbietungen, die von naiven Leuten heute immer noch als solche bestaunt werden.

Überall, wo das plötzliche Auftreten von Licht Gefahr bedeutet, vermag die Selenklingel vorzügliche Dienste zu leisten, z. B. beim Ausbrechen eines Brands in selten betretenen Lagerräumen oder in Bergwerken. Sie zeigt an einem entfernten Ort an, wenn irgend ein Raum mit Licht betreten wird. Ja selbst das Öffnen eines Schubfachs kann auf diese Art in einfacher Weise signalisiert werden. Vor militärische Stellungen geschobene Selenzellen können die nächtliche Annäherung einer feindlichen Patrouille melden, wenn diese sich einer Taschenlampe, ja selbst nur eines Streichholzes bedient.

298 Durch einfache Schaltungsänderung läßt sich auch bewirken, daß eine Selenzelle bei Verdunkelung ein Signal auslöst. Auf diese Weise wird es möglich, das Erlöschen einer Lampe, z. B. in Signalanlagen oder Leuchttürmen, dem Wärter in seinem vielleicht abgelegenen Dienstraum sofort kundzutun. Durch Kombinationsschaltung läßt sich unschwer eine Einrichtung treffen, die bei Eintreten der Dunkelheit die Lampe in einem Raum selbsttätig einschaltet oder entzündet und sie bei ausreichender natürlicher Helligkeit wieder auslöscht, sodaß in dem Raum stets genügend Licht vorhanden ist, ohne daß sich eine Person um die Beleuchtung zu kümmern braucht. Es muß dabei nur dafür gesorgt werden, daß die Strahlen der künstlichen Lichtquelle die Selenzelle nicht treffen.

In lebhafter praktischer Anwendung sind solche selbsttätigen Selenzündapparate bereits bei schwimmenden Seezeichen, Bojen und Baken, die in der Nacht beleuchtet sein sollen, aber nur durch längere, beschwerliche Bootfahrt zu erreichen sind. Sie können auf diese Weise Monate lang – so lange der eingefüllte Brennstoff reicht – ihren wechselnden Dienst versehen, ohne Bedienung zu beanspruchen.


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