Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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159. Bausteine des Universums

Quelle: Artur Fürst, Vortrag: »Der Aufbau des Weltalls«.

Das gewaltige Gebäude des Universums ist gleich Häusern, die Menschenhand errichtete, aus einzelnen Bausteinen zusammengefügt. Doch die Hand des Schöpfers bedient sich nicht grober Ziegelsteine, sondern gestaltet sein Gefüge aus Teilen ganz besonderer Art.

Wenn man einen Körper, der kein Element ist, immer weiter zerlegt, so kommt man schließlich an eine Grenze, jenseits deren die Einzelteile des Körpers nicht mehr dieselben Eigenschaften aufweisen wie der ganze Körper. Diese kleinsten Teilchen, die man bei der Zerlegung gewonnen hat, nennt man Moleküle. Sie sind bereits von so geringer Ausdehnung, daß ihnen gegenüber jedes Vorstellungsvermögen versagt.

Daß es sich bei diesen Molekülen um sehr kleine Teilchen handelt oder mit anderen Worten, daß die Teilbarkeit der Materie sehr weitgehend ist, dafür können wir, so schreibt Himstedt, aus der Erfahrung des täglichen Lebens mancherlei Belege angeben. Wie minimal mögen die materiellen Teilchen sein, durch welche die Nase des Jagdhunds das Wild aus hundert Meter Entfernung und mehr ausfindig macht! Eine winzige Menge Moschus genügt, um ein ganzes Zimmer mit dem bekannten Duft zu erfüllen. Wenn man ein Gramm Moschus auf einer empfindlichen Wage abwiegt und dann eine Stunde in einem großen 216 Saal liegen läßt, so werden selbst die am entferntesten Ende des Saals Sitzenden den Moschusgeruch wahrnehmen können. Und dabei würde eine neue Wägung zeigen, daß das Gewicht des ausgelegten Moschus noch nicht um ein tausendstel Gramm abgenommen hat. Also eine vielleicht Stecknadelknopf große Menge Moschus hätte sich in so viele feine Teilchen zerspalten, daß überall in dem Saal einige davon zu finden wären.

Es ist deshalb wohl ohne weiteres verständlich, daß man die Größe, den Durchmesser der jedenfalls noch viel kleineren Moleküle nicht direkt mit dem Zentimetermaß, auch nicht unter Zuhilfenahme des Mikroskops hat messen können, sondern daß man diese Größe nur auf indirektem Weg ermitteln konnte. Sehr komplizierten und geistreichen Rechnungen zufolge beträgt der Durchmesser eines Moleküls der Luft, wenn man es als kugelförmig auffassen will, kaum drei Zehnmillionstel eines Millimeters.

Immerhin kann man sich auch direkt eine körperliche Vorstellung wenn auch nicht von der Größe so doch wenigstens von der Dicke eines Moleküls machen. Wenn man ein ganz winziges Öltröpfchen auf Wasser tut, so breitet sich das Öl sofort in einem ganz dünnen Häutchen über die Wasseroberfläche aus. Hat man den Öltropfen vorher gewogen und bestimmt nun die Größe der Fläche, die er bedeckt, so kann man die Dicke des Ölhäutchens leicht berechnen. Es ist klar, daß der Durchmesser eines Ölmoleküls höchstens so groß sein kann wie die Dicke der dünnsten Ölschicht. Schon bei diesem immer noch sehr groben Versuch kommt man auf einen Moleküldurchmesser von höchstens dem millionsten Teil eines Millimeters.

Man ist auch im Stande gewesen zu berechnen, wieviel Moleküle in einem bestimmten Raum enthalten sind. Loschmidt hat zuerst festgestellt, daß in einem Kubikzentimeter, also in einem Raum, der kaum ¼ so groß ist wie der Hohlraum eines kleinen Fingerhuts, unter normalen Verhältnissen des Drucks und der Temperatur sich 21 Trillionen Luftmoleküle befinden. Wenn man diese enorme Zahl hört – sie hat 18 Nullen – so meint man, daß die Moleküle dicht aneinander gedrängt in dem engen Raume liegen müßten. Das ist aber sicher nicht der Fall. Wenn wir im Stande wären, die Moleküle zu sehen, so würden wir, nach Himstedt, bei einem Blick in den kleinen Raum glauben können, in einen dichten Mückenschwarm zu sehen. Wohin wir schauen, überall eine Mücke, aber jede von ihnen hat reichlich Platz, um sich herumtummeln zu können. 217


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