Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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141. Der Erfinder des Schachspiels

Quelle: Dr. W. Ahrens: »Mathematische Spiele«, 170. Bändchen der Sammlung »Aus Natur und Geisteswelt«. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig, 1910. Z.

Als der sagenhafte Vezir Sessa Ebn Daher das Schachspiel erfunden hatte, war sein König, der Shehram geheißen und in Indien regiert haben soll, darüber so entzückt, daß er seinem Diener gelobte, ihm jede Bitte zu erfüllen.

Ebn Daher, dessen Haupt eben der Gedanke für das königlichste aller Spiele entsprungen war, hatte natürlich sofort von neuem einen klugen Einfall. Er bat den König, ihm soviel Weizenkörner zu schenken wie die Summe beträgt, die herauskommt, wenn man auf das erste Feld des Schachbretts ein Weizenkorn, auf das zweite zwei, auf das dritte vier, auf das vierte acht und so immer die doppelte Anzahl von Weizenkörnern lege wie auf das vorhergehende Feld.

Der König war über die anscheinende Geringfügigkeit der Forderung zuerst 199 erzürnt. Aber bald sah er ein, daß Ebn Daher doch nicht allzu bescheiden gewesen war. Denn als nachgerechnet wurde, ergab sich, daß die Zahl der Weizenkörner

18 446744 073709 551615

das heißt

18  Trillionen
und  446 744  Billionen
und  073 709  Millionen
und  551 615

betrug.

König Shehram sah sich außerstande, sein Versprechen zu erfüllen. Sein ganzes Land trug nicht genug Weizen, um Ebn Daher zu befriedigen. Aber auch wenn der König die ganze Erde besessen hätte, würde er keine genügende Zahl von Weizenkörnern haben aufbringen können. Denn mit der genannten Zahl von Weizenkörnern kann man die ganze Erde neun Millimeter hoch bestreuen. – –

Diese Tatsache des raschen Wachstums bei fortgesetzter Verdoppelung benutzte, wie Ahrens in seinen »Mathematischen Spielen« erzählt, einmal eine in München erscheinende Zeitung der vormärzlichen Zeit, »Die Deutsche Tribüne«, zu einem seinerzeit vielbelachten Witz:

„Das Blatt wußte sich gegenüber den beständigen Zensurplackereien nicht anders zu helfen, als daß es die vom Zensor gestrichenen Artikel trotzdem abdruckte. Natürlich wurde es nun mit Geldstrafe belegt und zwar wurde, da die Zeitung dies Verfahren fortsetzte, die Geldbuße von Fall zu Fall verdoppelt. Da brachte die »Tribüne« eines schönen Tags einen Artikel, in dem genauer dargelegt wurde, daß das Ministerium ein Mittel erfunden habe, um die bayerischen Staatsschulden in Jahr und Tag zu decken. Es brauche nur mit der angeordneten jedesmaligen Verdoppelung der Geldstrafen in der begonnenen Weise fortzufahren. Die Heiterkeit war allgemein, und die bayerische Regierung sah sich veranlaßt, zu anderen Mitteln zu greifen, verzichtete sogar auf den Versuch, die Geldstrafen, die bereits eine unerschwingliche Höhe erreicht hatten, einzutreiben – und der bayerische Staat hat so seine Staatsschulden bis zum heutigen Tag behalten.”


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