Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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38. Augenersatz für Blinde

Quelle: Notiz im »Berliner Tageblatt« vom 24.2.1916. – Professor Dr. L. Zehnder, Aufsatz: »Künstliche Augen für Blinde« in der «Deutschen Optischen Wochenschrift« vom 20.2.1916.

Keine Macht der Welt ist imstande, dem Erblindeten das Licht des Auges wiederzugeben. Aber wenn er auch im ewig Dunklen verharren muß, so ist doch die heutige Beherrschung der Natur imstande, ihn wenigstens vor dem furchtbaren Schicksal zu bewahren, daß brütende Dunkelheit und blendendes Licht für ihn Erscheinungen gleicher Art bleiben. Man kann den Blinden heute wieder für das Licht empfindlich machen. Nicht mit Hilfe seiner Sehkraft, die nach ihrer Zerstörung leider verloren bleiben muß, aber durch andere, ungestört gebliebene Sinne.

Der Blinde kann heute wieder wissen, daß Licht ist und woher es strahlt. Professor Lazarus benutzt für den von ihm zu diesem Zweck gebauten Apparat die Eigenschaft des Selens, bei Belichtung seinen elektrischen Widerstand zu vermindern. Vor das tote Auge wird ein Lichtfänger in Gestalt einer kurzen Röhre gesetzt, deren Hinterwand von der Selenzelle gebildet wird. Am Ohr befindet sich ein kleiner Telephonhörer. In den Wechselstromkreis, der ihn durchfließt, 59 und der durch einfache Weise aus einer kleinen tragbaren Akkumulatorenzelle erzeugt wird, ist die Selenzelle eingeschaltet. Sobald auf diese Licht fällt, macht sich das durch Änderung des Tons im Hörer bemerkbar. Der Blinde kennt den Lichtton sehr bald, und da auf die Selenzelle durch den Lichtfänger nur von vorn Licht fallen kann, so weiß er auch sofort die Richtung der Strahlen. Durch leichtes Drehen des Kopfs kann er das Licht aufsuchen und ist auch imstande dessen Bewegungen zu folgen.

Zu gleichem Zweck benutzt Professor Zehnder die Wärmeempfindlichkeit der Haut. Er läßt auf eine bloße Hautstelle durch eine Linse brennglasähnlich die auffallenden Lichtstrahlen konzentrieren, und er glaubt Blinde leicht so erziehen zu können, daß sie nicht nur das Licht als Wärmeeindruck überhaupt empfinden, sondern auch die gröbsten Umrißformen, wenigstens von sehr scharf beleuchteten Gegenständen, wahrnehmen können. Vielleicht wird es ihnen dadurch möglich werden, sich bei scharfem Sonnenlicht im Freien selbständig zu orientieren.


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