Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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166. Flüssige Luft

Quelle: Dr. Paul Köthner: »Aus der Chemie des Ungreifbaren«. Verlag von A. W. Zickfeld, Osterwieck-Harz.

Es ist ein höchst eigenartiger Körper den man erhält, wenn man die atmosphärische Luft nach dem Verfahren des Professors von Linde verflüssigt. Diese Flüssigkeit sieht milchig getrübt aus, weil Teilchen fester Kohlensäure darin enthalten sind. Filtriert man die Kohlensäure ab, so erhält man eine schwach bläuliche Flüssigkeit. Sie siedet schon bei einer Temperatur von -193 Grad. Gießt man flüssige Luft in einen Becher aus Blei, so sieht man sie zunächst auf einer selbst erzeugten Dampfschicht hin und her tanzen, ohne den Becher zu benetzen. (Leidenfrostsches Phänomen.) Erst wenn das Blei auf -193 Grad abgekühlt ist, wird es von der Flüssigkeit benetzt. Das so tief abgekühlte Blei gibt beim Anschlagen einen Klang wie eine silberne Glocke.

Ein glimmender Spahn brennt, wenn man ihn in flüssige Luft taucht, hell auf. Alkohol, der »schon« bei -112 Grad erstarrt, wird in flüssiger Luft sofort zäh und dickflüssig und schließlich klingend hart wie Glas. Ein weicher Gummischlauch wird so hart, daß man ihn mit einem Hammer in Stücke schlagen kann. Die Splitter werden, wenn sie wieder gewöhnliche Temperatur angenommen haben, von neuem vollkommen elastisch. Ein mit flüssiger Luft durchtränkter und mit Kohlepulver durchstäubter Wattebausch brennt nach dem Anzünden wie Schießbaumwolle; er läßt sich durch Knallquecksilber zur Explosion bringen. Mit seinem Kohlenpulver durchmischte flüssige Luft wird daher heute schon häufig als Sprengstoff benutzt.

Die Luft läßt sich ferner auch in den dritten Aggregatzustand überführen. Wie andere feste Gase, von denen feste Kohlensäure wohl das bekannteste ist, gibt es auch feste Luft.


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