Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

174.

Leeds, den 7. Mai 1882.

Der Würfel ist gefallen. Es ist gekommen, was kommen mußte, und was seit einem Jahr in mir und außer mir heranreifte. Mit Ende Juni verlasse ich meine Stellung in Leeds. Ich habe seit mehr als zwanzig Jahren in fremdem Lande gedient und freue mich der Aussicht, meine Heimat und meine Freiheit wieder zu gewinnen. Die Form, in der ich kündigte, macht einen Rückzug unmöglich, doch wird die Trennung in der ehrenvollsten und zugleich freundlichsten Weise vor sich gehen. Für alles Gute, das ich während dieser langen Zeit von seiten der Fowlers genossen habe, werde ich stets dankbar bleiben, wenn auch nicht in dem Sinne einer englischen Definition, wonach Dankbarkeit ein lebhaftes Gefühl zu erwartender Wohltaten ist.

Wie es kam, will ich später einmal erzählen. Es hängt zu sehr damit zusammen, was kommen wird. Äußerlich betrachtet, war es die Geschichte vom Kamel und dem letzten Strohhalm, der ihm den Rücken bricht.

Wir hatten Dampfmaschinen für die elektrische Beleuchtung des Kristallpalastes zu Sydenham geliefert, die, wie gegenwärtig so manches andre in Leeds, verpfuscht wurden. Nun sollte ich den Schaden wieder gutmachen und war im Laufe von zwei Wochen dreimal an Ort und Stelle. Das erstemal hatte man vergessen, die von mir nachbestellten Maschinenteile rechtzeitig abzusenden. Das zweitemal wurde der erforderliche Monteur, der schon auf dem Wege war, telegraphisch nach einer andern Richtung verschickt. Als mir dies, ebenfalls auf telegraphischem Wege, klar geworden war, ging ich nach London und kündigte.

Es gab lange Gesichter. Mir aber war ein Stein vom Herzen gefallen, den ich schon zu lange mit mir herumgeschleppt hatte. Was nun weiter? Man legte mir noch in der gleichen Woche mehrere Fallen, in die ich jedoch schwerlich geraten werde.

Andrada, mein portugiesischer Freund, ist vom Sambesi zurück und will mich sofort für sein Kolonisationsunternehmen festhalten. Baumwolle, Zucker und Kautschuk: ganz mein Fall, meint er. – Negroponte, der wissen wollte, wann ich wieder nach Rumänien komme, hatte ich mitzuteilen, wie die Verhältnisse stehen. Er bietet mir telegraphisch die technische Direktorstelle seiner rumänischen Güter an, eine Kombination von Sägemüller, Landwirt und Ingenieur. Beides aber lockt mich nicht sonderlich. – Ich selbst habe meinen eignen Plan, doch ist er noch nicht reif für diesen Brief.


 << zurück weiter >>