Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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169.

Leeds, den 17. Dezember 1881.

Nur ein paar Zeilen, da das Briefschreiben wohl für die nächsten Wochen ein Ende hat.

Wir sind heute nacht abgebrannt – nicht ganz, aber doch so, daß das Unglück eine fürchterliche Verwirrung auf mindestens zwei Monate in das Geschäft bringt. Ein großes Magazin, in welchem sämtliche Maschinenteile abgeliefert werden, die von den Werkzeugmaschinen und der Schlosserei kommen, um in die Montierungswerkstätten überzugehen, über demselben ein langer Saal, voll von kleineren Werkzeugmaschinen, sind völlig zerstört; ein Teil der Montierungswerkstätte und ein Stück der Halle für die großen Werkzeugmaschinen ist teilweise vernichtet. Zwei Drittel der Fabrik sind gerettet. Den Verlust an zerstörtem Material schätze ich auf £ 30 000 bis 40 000. Der Verlust an Zeit und Arbeit dürfte auf die doppelte Summe hinauslaufen. Die Fabrik ist übrigens versichert. Doch weiß ich noch nicht, wie sich die Abrechnung stellen wird.

Das Feuer brach nach Mitternacht aus, niemand weiß wie, und griff mit merkwürdiger Geschwindigkeit um sich. Während der ersten Stunde war auch hier die in solchen Fällen übliche Verwirrung groß. Die Kuppelungen unsrer Schläuche wollten nicht für die städtische Wasserleitung passen, und dergleichen. Doch machte sich das nach einiger Zeit, und nachdem die Feuerwehr einmal im Zug war, wurde auch das Feuer auf den Teil der Fabrik beschränkt, den es ergriffen hatte. Insofern können wir neben allem Unglück noch von Glück sagen.

Ich selbst erfuhr von der ganzen Sache erst etwas, als ich gemütlich in der Morgendämmerung der Fabrik zusteuerte. Die Anschlagszettel der Morgenzeitungen verkündeten es schon von allen Mauern. Das machte mir Beine!

Greig zeigte sich wieder einmal in seiner ganzen Größe. Ich fand ihn mitten im Feuer auf einem rauchenden Schutthaufen stehend, wo er mit drei rasch herbeigeholten Bauunternehmern den Plan der neu aufzuführenden Fabrik besprach. – Welch ein Mann, wenn es ihm möglich wäre, seine Tatkraft ohne Brandy aufrechtzuerhalten!

Den ganzen Tag hatten wir alle mit dem Aufräumen von brennendem Schutt zu tun, womit natürlich kaum ein schwacher Anfang gemacht wurde, und morgen früh erwartet Greig den Plan einer neuen Dachkonstruktion und neuer provisorischer Galerien von mir.


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