Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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18.

Hoym, den 29. November 1869.

Mein Winterfeldzug wird täglich winterlicher, und der Dampfpflug keucht noch immer qualvoll, aber tapfer durch den müden Boden, »die Mißgeburt aus Dreck und Feuer«, wie man ihn nach einem Zuge von Wegeleben hierher besser nennen könnte als den »Triumph des menschlichen Geistes«, wie er bei Festessen genannt zu werden pflegt. Zum Glück ist der letzte Umzug überstanden; eine Aufgabe, welche die Knochen und Muskeln von Menschen und Maschinen bis zum äußersten spannte. Schon das vorige Mal war es nicht viel besser, als wir von Kloster Adersleben abzogen und auf grundlosen Feldwegen über einen an der Bode entlang laufenden Höhenzug hindampften. Trotzdem ging alles ordentlich, bis vor einem Dorfe, Hedersleben, wo sich der Weg eine kurze, steile Steige hinab gegen das Flußufer senkt und eine Maschine bis an die Achsen einsank. Das ganze Dorf natürlich war auf den Beinen; es dauerte drei Stunden und kostete einen Verwundeten, bis wir aus diesem Pfuhl wieder heraus waren. Man bleibt auch in der schlimmsten Lage des Lebens nie ganz stecken. Freilich, wenn man dann heraus ist und in stockfinsterer Nacht mit den keuchenden, kaum mehr steuerbaren Maschinen, pudelnaß und todmüde, ein kleines unbekanntes Dorf erreicht, in dessen einziger Herberge die Frau soeben niederkommt und ihr Mann drei Kinderbettchen für sechs Leute anzubieten hat, so ist eine beruhigende Dosis von Philosophie zu empfehlen.

In Hoym, wo wenigstens eine erträgliche Kneipe winkte, wird in nächster Woche der Feldzug zu Ende gehen. Ich hoffe, er wird nachwirken. Für das kommende Jahr ist in dieser Gegend und wohl auch in weiteren Kreisen Arbeit in reicher Menge zu erwarten. Das Eis ist gebrochen.


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