Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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93.

Leeds, den 6. Dezember 1875.

Es ist so kalt und winterlich, daß einem alles einfriert, vornehmlich die Gedanken. Ein unenglischer Schnee fährt draußen in den Straßen umher und weiß sich nicht zu helfen. Das bleichlodernde Kaminfeuer in der kühlen Stube sieht mich betrübt an und scheint mit seinem entschuldigenden Geflacker bemerken zu wollen, daß es sein möglichstes tue, ich werde aber hoffentlich selbst einsehen, daß unter diesen Umständen auszugehen für uns beide das Gescheiteste wäre. Die Menschheit, die sich nicht ganz zu Bette gelegt hat, hustet und niest, schimpft und klagt. Ein deutscher Winter in England ist kein Vergnügen.

Glücklicherweise halten uns die Geschäfte leidlich warm. Die Aussichten für die Zukunft der Dampfpflügerei sind erfreulicher als je. Persönlich habe ich nach meiner Rückkehr vollauf zu tun gefunden. Man weiß, wie man mich in ruhigen Zeiten physisch und moralisch in Ordnung hält. Es kann nichts schaden, meine derzeitigen Aufgaben einmal in Reih und Glied aufzustellen und sie Euch im Paradeschritt vorzuführen. Nr. 1 mein Wendepflug, der noch Verbesserungen braucht, die mir mehr Kopfzerbrechen machen, als die Welt ahnt. Die Notwendigkeit des Gerätes ist aber jetzt jedermann klar geworden und dies schon ist eine Errungenschaft, die der Mühe wert ist. Nr. 2. Eine neue Expansionsmaschine, die ich vor acht Tagen zum erstenmal an der Bremse hatte. Ergebnis recht günstig, doch sind auch hier noch einige Verbesserungen wünschenswert. Nr. 3. Ein neuer Speisewasservorwärmer. Nr. 4. Eine Brunnenpumpe für Pferdebetrieb. Wurde gestern probiert. Geht vortrefflich. Es ist dies ein Gedanke, der seinen Ursprung meinem Aufenthalt in der Ukraine verdankt. Nr. 5. Sechs neue Strohbrenner, für die Wolga bestimmt. Nr. 6. Eine Straßenlokomotive für Kriegszwecke. Nr. 7. Eine Maschine für Australien zum Graben großer Teiche, in denen Regenwasser zum Tränken und Waschen der Schafe gesammelt werden soll. Nr. 8. Eine Dampfmähmaschine, die bis zur nächsten Ernte in Gang sein sollte. Das wäre Arbeit genug für ein paar stille Monate, auch ohne die Leitung einer Fortbildungsschule, von der mir Greig unablässig vorplaudert. Der Mann weiß nur zu wohl, wo es den Engländern fehlt.


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