Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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55.

Wien, den 13. Mai 1872.

Von Megagga weg durch Kairo und Alexandrien war es eine förmliche »wilde Jagd«, um den Triester Dampfer noch zu erreichen. Ich verlor buchstäblich den Hut dabei und erreichte österreichischen Grund und Boden als halber Ägypter im Tarbusch. Doch hatte ich Zeit, mich auf dem Schiffe zu erholen. Das Meer war glatt und sonnig, sechs volle Tage lang. Selbst die kahlen Berge Griechenlands und Dalmatiens versuchten etwas grünlich zu lächeln, und in Korfu blühte ein Paradies.

Mein plötzlicher Aufbruch wurde durch ein unerwartetes Zwischenspiel beschleunigt. Infolge der ausbrechenden Wassersnot schrieb ich an Mr. Smart, unsern Hauptagenten in Alexandrien, einen beim Vizekönig hochangesehenen Mann: »ob er es jetzt, wie ich, für rätlich halte, mit dem großen Bewässerungsbericht hervorzutreten?« Anstatt mir seine Ansicht mitzuteilen, schrieb Smart an den Kabinettschef des Vizekönigs, daß ich einen solchen Bericht vorzulegen hätte. Mittlerweile hatte ich hierüber auch nach Leeds geschrieben und erhielt umgehend zwei Telegramme: »unter keinen Umständen den Bericht vorzulegen.« Nun konnte aber jeden Augenblick ein vizeköniglicher Befehl kommen, mich mit meinem Bericht in Kairo einzufinden. Ein drittes Telegramm, das mir zeigte, wie sehr die beiden ernst zu nehmen waren, bestimmte mich, das einzig sichere Mittel anzuwenden, das mich aus der Verlegenheit ziehen konnte, und alsbald die Flucht zu ergreifen. Und so reiste ich in Megagga ab, war einen halben Tag in Kairo, eine halbe Nacht in Alexandrien und am Montag auf dem Wege nach Europa. Erst in London werde ich die Gründe erfahren, die zu jenen Telegrammen führten. Die Verhältnisse sind so verwickelt, daß man sich die Sachen oft kaum schreiben kann. Vermutlich ist ein Streit zwischen unserm Geschäft und des Vizekönigs beratendem Ingenieur in London ausgebrochen, den weiter zu verschärfen nicht in unserm Interesse läge, was durch unser Eingreifen in die Bewässerungspläne der Regierung wohl der Fall gewesen wäre.

Jedenfalls bin ich froh, daß ich mir den Staub dieses grausigen Wunderlandes wieder von den Füßen schütteln konnte. So ändern sich die Bilder, je nach der Beleuchtung.


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