Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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19.

Pest, den 14. Januar 1870.

In Ungarn wird es ernst. Gestern kam ich von Mohacz, wo Prinz Eugen seine Türkenschlacht gewonnen hat. Südlich davon, in der Ecke zwischen der Drau und der Donau, hat der Erzherzog Albrecht seine schönsten Besitzungen, auf denen es erstaunlich zivilisiert hergeht. Auch sind die Slowaken und die Kroaten ein offenbar gutmütiger Schlag von Menschenfressern, wenn auch etwas schmutzig.

Das Land ist flach und öde um diese Jahreszeit, das ist keine Frage. Die Wege sind bodenlos, und um die Lenausche Pußtapoesie zu verstehen, ist's schon notwendig, die Sache aus der Entfernung zu betrachten, zum Beispiel von Weinsberg aus. Aber Fünfkirchen liegt hübsch zwischen hohen, roten, wenn auch kahlen Weinbergen. Pest und Ofen sind dagegen wundervoll gelegen. Die Aussicht auf Stadt und Land vom Blocksberg (auf Ofener Seite) ist großartig: nach Süden die unendliche, donaudurchflutete Ebene, nach Norden und Osten – dort die romantische Festung, hier die reiche, lebendige Stadt, und in der Ferne Hügel und Berge in bunter Mannigfaltigkeit! Es hat einige Ähnlichkeit mit Prag, macht aber ein sonnigeres, freundlicheres Gesicht. Man könnte glauben, dort eine goldene Vergangenheit, hier eine goldene Zukunft zu sehen.


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