Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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86.

London, den 18. Dezember 1874.

»Keine Ruh bei Tag und Nacht!« Kaum zurück aus Wasser und Schnee in Böhmen, heißt es aufs neue den Bündel schnüren. Weihnachten werde ich voraussichtlich in den halbgefrorenen Lagunen der Adria zubringen. Es ist mir nicht unlieb. Der Christabend ist für unsereinen der allerfatalste im Jahr. Wohl mir, wenn ich während desselben auf den Pyramiden sterngucken, in der Mammuthöhle Steine klopfen oder an den Pomündungen im Sumpf waten kann. Wo und wann immer der tiefste Grundton des menschlichen Daseins berührt wird, ist's ein wehmütiges Moll. Das ist nicht zu ändern, wie man's auch einrichten mag. Lenau hat recht:

»Was sie am Schmerz, den sie zu trösten
Nicht wußte, mild vorüberführt,
Erkenn' ich als der Zauber größten,
Womit uns die Antike rührt.«

Ja – »vorüberführt«? Die alten Griechen hieben sich Venusse aus; ich darf zur Zerstreuung Frösche fangen.


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