Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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80.

Leeds, den 26. Juli 1874.

Die Ausstellung in Bedford brachte wieder einmal glühendheiße Tage und kostete Selter- und Sodawasser, Claret und Eis in ungemessener Menge. Doch kamen wir alle diesmal ohne Sonnenstich, Delirium oder gastrische Fieberanfälle in das gewöhnliche Geleise zurück.

Es ist förmlich Brauch geworden, daß ich als der wissenschaftliche Generalstabschef der Fabrik diesen jährlichen Musterausstellungen und ihren Prüfungen beiwohne, auch wenn wir selbst bei letzteren nicht beteiligt sind, denn die Olympiade des Wettpflügens läuft erst später wieder ab. So hatte ich diesmal das Vergnügen, Sämaschinen und Pferdehacken, Ernte- und Düngerwagen eine Woche lang zu meiner Belehrung und Unterhaltung zu studieren und dabei in gemütlicher Parteilosigkeit zwischen Richtern und Gerichteten hin und her zu bummeln. Ich tat es mit besonderem Vergnügen; denn ich hatte meine Absichten. Gerade vor einem Jahr sollten in Wien die internationalen landwirtschaftlichen Prüfungen stattfinden, die unter dem Gelächter der unbeteiligten Zuschauer und unter nicht zu beschwichtigendem Fluchen und Jammern der verführten Aussteller zu Fall kamen. Selbst außerhalb Österreichs sind diese sogenannten Maschinenprüfungen meist eine nichtswürdige Spielerei, bei der sich ein halbes Dutzend ehrgeiziger Professoren mit Würde zu blamieren pflegt. Die einzigen mir bekannten Maschinenproben, welche diesen Namen verdienen, sind die der englischen Landwirtschaftsgesellschaft. Ich wollte nun die ganze, wohldurchdachte Einrichtung beschreiben und den Österreichern in der Wiener landwirtschaftlichen Zeitung unter die Nase reiben. Wie so oft, habe ich den Stoff beisammen, und dabei bleibt es; denn wo soll ich die Zeit hernehmen, um ihn in eine brauchbare Form zu gießen?

Daß mein Pflug auf der Ausstellung erschien und mit beträchtlicher Achtung behandelt wurde, habt Ihr in Zeitungen gefunden. »The new plough is a sensation«; was kann ich mehr verlangen für den Anfang? Das Prinzip ist so neu, daß es einige Zeit braucht, bis man sich an den Anblick des Gerätes gewöhnt. Allem nach hat dasselbe eine Zukunft, und ich ginge mit neuem Eifer an seine Weiterentwicklung, doch ist meines Bleibens hier nicht mehr lang. Sobald die Strohbrenner für Rußland reisefertig sind, bin ich's auch.

Fast hätte ich's vergessen!: Ich hatte in Bedford die Ehre, den kaiserlichen Kronprinzen von Deutschland unter unsern Dampfpflügen umherzuführen, und konnte mich nicht enthalten, ihn daran zu erinnern, daß diese Maschinen auch im Krieg, bei Toul und vor Paris, erkleckliche Dienste geleistet hatten. »Ach, ich weiß!« sagte er wohlwollend, »sie lagen gewöhnlich in den Straßengräben;« worauf ich mich bemühte, unserm Gespräch eine andre Richtung zu geben.


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