Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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164.

Leeds, den 23. August 1881.

An Arbeit, wenn auch nicht an sehr erquicklicher, fehlt es seit meiner Rückkunft nicht: Sachen, die nach meiner letzten Abreise mehr oder weniger liegen geblieben, andre, die infolge rumänischer Erfahrungen in Gang zu setzen sind. Zu den ersteren gehören zwei Patente bezüglich eines neuen Systems von Luftdruckmaschinen, eine neue Steuerung von Lokomotiven für schmalspurige Bahnen sowie eine neue Kesselkonstruktion für Straßenlokomotiven. Nr. 3 blieb ganz liegen, Nr. 2 wird in vier Wochen versuchsfähig sein. Für Nr. 1 ist das Interesse mittlerweile verduftet. Was hilft ein Gedanke, wenn man ihn nach einem Vierteljahr über einem andern vergißt? Man könnte ebensogut mit Seifenblasen spielen. Deshalb bewundere ich mit unverhehltem Neid die Menschen »of one idea«, »einer Idee«, die man in England häufiger findet als bei uns. Sie sind langweiliger, aber sie bringen es weiter als die andern. Sagt doch selbst Goethe, der die verderbliche Saat Wilhelm Meisters und seiner allgemeinen Bildung mit vollen Händen ausgestreut hat: »In der Beschränkung – zu deutsch in der Borniertheit – zeigt sich erst der Meister.«

Die Reise des jungen Henry Fowler, der noch immer in der Südsee kreuzt, wo ihm freilich die Pockenepidemie Leben und Bewegung verbittert, brachte ihre Erfolge. Zwar erst einen Dampfpflug für die Sandwichinseln, aber eine Masse – man kann sagen: eine Unmasse transportabler Eisenbahnen zur Verbindung der Zuckerplantagen mit den Seehäfen der Inseln.

Hier in England geht's immer noch schlecht. Es regnet Tag für Tag. Dabei ist nicht abzusehen, was aus der englischen Landwirtschaft werden soll. Die Leute sind schon jetzt halb bankrott. Ich bleibe dabei, trotz der paar heißen Sommertage, daß uns die Eiszeit über den Kopf kommt. Eine zweihundert Meter dicke Eisschicht wird allem finanziellen und anderm Elend ein Ende machen. Dann haben wir ewiglich Ruhe und Frieden. Bis sie aber fertig ist, wird es an Rheumatismen aller Art nicht fehlen.


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