Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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133.

An Bord der »Singapore« zwischen Brindisi und Alexandrien, den 4. März 1880.

Dieser ägyptische Ausflug kam schließlich über Hals und Kopf, und in mancher Beziehung recht ungeschickt. Aber Ihr wißt, daß mir auch das ungeschickteste Aufpacken stets geschickt kommt. Und so brummte ich auch diesmal halb geärgert, halb vergnügt in mich hinein: »Ich pfeif' auf die sauern Weine! Rem blem!« Und tat es.

Der Grund meines Ärgers aber war der:

Vor einer Woche, nachdem ich mich durch die Nubarschen Proben mit heiler Haut durchgefochten, kam ich endlich an meine eignen, mit der mannigfach erwähnten Straßenlokomotive und dem neuen Pflug. Erstere, die in ihrer Entstehungszeit Hohn und Spott mit stoischer Ruhe zu ertragen gelernt hatte, fing seit ein paar Wochen an, Wohlgefallen zu finden vor den Leuten. Man hatte sich an den Anblick zwölffüßiger Räder gewöhnt und wollte nun doch wissen, ob und wie sie laufen. So bekam ich endlich den langerwünschten Auftrag, mit einer Reihe von Versuchen zu beginnen, die schließlich in einer akrobatischen Vorstellung der verschiedenen Typen von Straßenlokomotiven. vor geladenem Publikum und namentlich vor den Gelehrten des Woolwicher Arsenals enden sollten.

Seit acht Tagen habe ich alle Ursache, mit dem Ergebnis dieser Versuche zufrieden zu sein. Einer meiner Gegner gab schließlich seinem Widerstand folgende Form: »Mr. Eyths Maschine steuert so gut als irgendeine andre, sie zieht etwas mehr und rennt sehr viel besser; aber nur ein völliger Narr würde sie kaufen.« Da die drei erwähnten Punkte alles sind, worauf es bei einer Straßenlokomotive ankommt, so kann man grundsätzliche Gegnerschaft kaum in niedlicherer Form ausdrücken.

Mr. Greig telegraphierte aus Schottland, daß ich unter keinen Umständen fortzulassen sei, ehe diese Versuche zu einem entscheidenden Abschluß gebracht wären. Desselben Tags um zwölf Uhr aber kam auch ein Telegramm aus London von R. Fowler, daß ich unfehlbar mit dem nächsten Postdampfer nach Ägypten müsse, wo Nubar-Pascha wie ein Hirsch nach Wasser schreie. Das gab mir gerade einundzwanzig Stunden Zeit. Um neun Uhr abends war ich auf dem Wege nach London, gestiefelt und gespornt.

Am folgenden Morgen ging ich von London ab und war um sechs Uhr abends in Paris. Weiter, vom Bahnhof de Lyon, um acht Uhr. Samstag früh bei Tagesanbruch in der Gegend von Chambery. Mittags durch den Mont Cenis. Abends sechs in Turin. Weiter um halb acht. Nachts um zwei in Bologna. Bei Tagesanbruch eine Stunde vor Ankona. Mittags in Foggia. Abends halb elf in Brindisi aufs Schiff und ins Bett. Abfahrt, in tiefem Schlaf, um sechs. Bis Abend in Sicht der flachen italienischen Ostküste. Am folgenden Tag Griechenland und die südlichen griechischen Inseln. In der Morgendämmerung Kreta. Heute Wasser und Luft. Morgen um zehn Alexandrien.

Das ist das Gerippe, um das sich in Wirklichkeit Berg und Tal, Wasser und Wald und manches Klümpchen Menschenfleisch ansetzte. Doch es wird zu unruhig um mich her. Afrika steigt wieder einmal am Horizont auf! –

Nachschrift.

5. März. Eben angekommen. Zwei Paschas besucht. Einen arabischen Buben geprügelt und mich mannigfach gefreut und geärgert. Morgen nach Kairo.


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