Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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75.

Runcorn (bei Liverpool), den 15. Februar 1874.

Seit kurzem bin ich hier am westlichen Ende des Bridgewaterkanals, wo das neue Versuchsschiff gebaut wird, das die Schwierigkeiten beim Umfahren von scharfen Krümmungen überwinden sollte.

Technische Ausführungen werdet Ihr mir gerne erlassen. In etlichen Wochen wird sich zeigen, ob das Problem gelöst ist. Ich bin natürlich mehr als gespannt auf das Ergebnis, nicht bloß, weil am Gelingen oder Mißlingen des Versuchs für die Fabrik ein Verlust von etlichen tausend Pfunden hängt, um die man mich jedenfalls wehmütig ansehen würde.

Es wird mir wieder einmal recht klar, was Erfindungen machen heißt, wie unmöglich es ist, dieser nobeln Passion obzuliegen, ohne eine Katze zu haben, die uns die Kastanien aus dem Feuer holt, und wie billig daher, daß die Geldleute schließlich auch ihre Löffel in die Suppe stecken wollen, die sich der Erfinder einzubrocken gedenkt. Alles, was wir Schönes über den Jammer und die Not, über die Aufopferung und Mißhandlung dieser Geniusse der Zukunft hören und lesen, rührt zumeist daher, daß sie mit den Gedanken allein wirtschaften zu können glauben und oft in kindlicher Naivität ohne die nötigen Mittel an die Arbeit gehen. Daran sind viele Hundert Talente zugrunde gegangen. Gedanken sind weit mehr als alles andre eine Gabe, Lichtfunken, die man nicht stehlen kann, seitdem die Zeit des Prometheus hinter uns liegt – die man nahezu geschenkt erhält. Man muß aus denselben nicht gar zu unvermittelt Gold schlagen wollen. Eine fertige, lebensfähige Erfindung aber ist mehr oder etwas ganz andres als ein Gedanke. Man kann sie nicht im Kopf allein machen. Damit will ich nicht sagen, daß man nicht seinen Kopf so teuer als möglich verkaufen darf. Dies ist des Menschen Recht und Pflicht. Wer aber soll bestimmen, was er wert ist?


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