Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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48.

Leeds, den 10. Dezember 1871.

Bei meiner Rückkehr nach Kirschgarthausen fand sich, daß der dortige Pflug ohne Unterbrechung drauflosgearbeitet und beträchtlich mehr als die dreihundert Morgen fertig gebracht hatte, nach deren Bearbeitung der Verkauf des Apparates erfolgen sollte.

Nun ereignete sich ein echt süddeutscher Zwischenfall. Einer der Verwaltungsräte von Waghäusel begegnet, während ich in Böhmen war, einem hessischen Landwirt, der ihm mitteilt, daß er binnen kurzem einen Dampfpflug bekommen werde, welcher nur ein Drittel des Kirschgarthäusers koste und fünfmal soviel arbeite. Fowlers System sei durch diese neue Erfindung vollständig vernichtet. Auf dieses hin wird der Gutsinspektor von Kirschgarthausen eiligst zu dem hessischen Landwirt geschickt, welcher ihm die gleiche Historie vorschwefelt. Der Inspektor in seiner begreiflichen Herzensangst berichtet im Stile des delphischen Orakels; und als ich zurückkam, war's halb beschlossene Sache, uns mit der schließlichen Entscheidung jedenfalls bis zum nächsten Frühjahr hinzuhalten, um in der Zwischenzeit das neue Wunder prüfen zu können.

Ihr könnt Euch denken, daß ich nicht wenig erbost war. Ein Besuch bei den Direktoren in Waghäusel half wenig; sie fühlten sich durch den Verwaltungsrat gebunden. Ich stieg daher dem Mitglied des Rats, das die Suppe eingerührt hatte, zu Leib. Dies wirkte. Er übernahm schließlich selbst die Aufgabe, das Einhalten des Vertrags mit Fowler durchzusetzen. Nachdem mir sodann die Herren noch etliche Prozent an den Kosten des Apparats abgezwackt hatten, war die Sache geregelt, und wir schieden in Frieden und Freundschaft. – Wie zuwider mir aber diese Handelsgeschäfte sind, kann ich in parlamentarischen Worten nicht aussprechen.

In den letzten Tagen kam auch nach manchen Schwierigkeiten die Gesellschaft für Seilschiffahrt auf dem Rhein zustande. Es war die höchste Zeit, denn mit dem 1. Dezember lief unsre bisherige Konzession ab. Einige Bankhäuser hatten sich dahin vereinigt, 600 000 Taler zu geben, sobald von andrer Seite ebenfalls 600 000 Taler gezeichnet würden. Die Schiffer aber konnten nur 420 000 Taler zusammenbringen. Doch war es in aller Stille gelungen, die Verlängerung unsrer Konzession bis zum 1. April 1872 in Berlin zu erwirken, und gestern erhielt ich von de Mesnil die Nachricht, daß der Gesellschaftsvertrag glücklich unterzeichnet worden ist. So gelangt dies und jenes doch schließlich an ein Ziel.


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