Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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22.

San Fernando, den 5. April 1870.

Nur wenige Worte! Denn abgesehen davon, daß die liebliche Beschäftigung mit Dampfpflügen unter den fürchterlichen Bodenverhältnissen, an die sie sich hier zu gewöhnen haben, keine Zeit für beschauliche Betrachtungen läßt, ist man unter dem zehnten Breitegrad mittags zu faul und abends zu müde zum Schreiben. Auch wird es mit jedem Tage wärmer, und die trockene Jahreszeit, die von Rechts wegen bis Mai und Juni anhalten sollte, bringt manchmal schon ein paar unerwartete Regenschauer. Übrigens ist Naparima einer der gesündesten Bezirke der Insel. Ich bin im Hause des Direktors der Westindischen Kolonialgesellschaft, Mr. Bernard, vortrefflich aufgehoben und habe indessen mit den hartköpfigen Negern ein gutes Stück halb urwäldlichen Bodens bewältigt, der in Europa einfach für unpflügbar erklärt würde. Morgen wird ein weiterer Satz Pflüge in Tätigkeit gesetzt werden.

Dann werde ich vermutlich rascher wieder der Heimat zusegeln, als ursprünglich geplant war. Mit meiner geschäftlichen Ausbeute kann ich zufrieden sein. Kolibris bringe ich zwar keine mit; denn die zarten Vögelchen halten die Seekrankheit nicht aus. Selbst der Alligator, den Dr. Fraas bestellt hat, will sich nicht fangen lassen. Einen kleinen, einen Meter langen Burschen hab' ich zwar vor acht Tagen erwischt und ihn mit vieler Ausdauer abgehäutet. Aber zwei Tage nachher fand sich, daß ein Hund das Skelett des Rumpfs und ein Aasgeier die Haut gestohlen hatte, so daß mir nichts übrigbleibt als ein übel zugerichteter Schädel. Dagegen wird mich ein grüner Papagei begleiten, dessen philologische Begabung und ernstes, würdiges Betragen ihn zur Auswanderung nach Württemberg in hervorragendster Weise empfiehlt.


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