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26. Daphnis und Alcimadura

Nach Theokrit
An Frau de la Mésangère

Du holdes Kind der anmutvollen
Mutter, die Tausende von Herzen stets gewinnt –
Die nicht gezählt, die dir als Freunde gelten wollen,
Und ein'ge, die durch Lieb' an dich gefesselt sind –
Ich muß euch beiden Huldgenossen,
Dir und ihr – wem gebührt der Preis? –
Den Weihrauch teilen, der auf dem Parnaß entsprossen,
Und dem gar süßen Duft ich zu entlocken weiß.
So sag' ich dir – – – doch alles sagen,
Zu viel wär's; drum sei ausgewählt,
Was Stimm' und Leier noch vertragen,
Denen's, ach! nur zu bald an Kraft und Muße fehlt.
Mir gilt's hier nur, ein sanft empfindend Herz zu preisen,
Adel der Seel', Anmut und Geist; wem fiel' es ein,
Als deine Meisterin darin sich auszuweisen,
Außer ihr, deren Lob des deinen Widerschein?
Schau, daß nicht zu viel Dornen tragen
Die Rosen, tritt einmal heran
Amor, dir Ähnliches zu sagen –
Er sagt es besser als ich's kann;
Auch straft er ganz gewiß, die seinem Rat verschlossen
Ihr Ohr. Gleich sollst du's sehn, gib acht.

Ein junges Mädchen, reizumflossen,
Verachtete den Gott und seine Wundermacht.
Alcimadura hieß die Stolze,
Ein wildes Wesen, leicht hüpfend durch Wies' und Wald,
Auf Rasen tanzend, sich bergend im dichtsten Holze,
Der in der Welt nichts heilig galt
Als ihre Launen; sonst der schönsten Schönen gleichend,
Die Grausamste mehr als erreichend,
Und doch liebreizumhüllt trotz ihrer rauhen Art –
Wie erst, wär' alles dies mit Mild' und Huld gepaart!
Daphnis, ein junger Hirt, schön und von edlem Stamme,
Liebt sie – zum Unglück: nie gewährte seiner Flamme
Nur einen flücht'gen Blick, ein Wörtchen, noch so klein,
Noch die geringste Gunst dies Herz, so hart wie Stein.
Müde, noch länger fort so hoffnungslos zu werben,
Sucht er den Tod; Verzweiflung reibt
Ihn auf, zu der Grausamen treibt
Sie ihn, vor ihrer Tür zu sterben.
Ach! nur den Winden klagt er seinen Schmerz, den herben;
Man öffnet nicht, verschlossen bleibt
Das Unglückshaus, in dem, von Freundinnen umgeben,
Die Arge, zu erhöhn des Wiegenfestes Glanz,
Der eignen Schönheit Blütenkranz
Noch durch den üpp'gen Flor der Gärten sucht zu heben.
»Vor dir zu sterben, war mein letztes Hoffen fast;
Allein ich bin dir zu verhaßt!«
Rief er »Nicht staun' ich, daß so weit den Haß du steigerst,
Daß, wie die andern, mir auch diesen Wunsch du weigerst.
Nach meinem Tode soll mein Vater – dahin geht
Mein Auftrag – dir zu Füßen legen
Das Erbe, das du stolz verschmäht,
Die Weidetriften und der Wiesen reichen Segen,
All' meine Herden, meinen Hund.
Ferner soll man auf meinem Grund
Und Boden einen Tempel bauen,
Darin dein Bildnis ist zu schauen.
Stets schmücke den Altar ein frischer Blumenflor;
Ein einfach Denkmal steh' nah bei des Tempels Tor,
Und diese Inschrift trag' sein Rahmen:
»Steh', Wanderer, und wein'! Hier starb den Liebestod
Daphnis; er unterlag, sich beugend dem Gebot
Alcimaduras, der Grausamen.«
Bei diesem Namen schnitt die Parz' ihm ab das Wort;
Gern spräch' er weiter, doch es rafft der Schmerz ihn fort.
Die Stolze tritt heraus, mit einer Blumenkrone
Geschmückt. Vergebens fleht man sie um einen Blick,
Um eine Träne für des Liebenden Geschick;
Nur ihren Hohn übt sie an Cythereas Sohne:
Zu seiner Säule führt, seinem Gebot zum Spott,
Sie die Gefährtinnen, sich dort im Tanz zu wiegen.
Um stürzt und nieder schlägt im Fallen sie der Gott.
Eilende Wolken sieht man fliegen,
Und eine Stimm' erschallt in Lüften weit umher:
»Nun liebe jeder! Die Herzlose ist nicht mehr!«
Des Daphnis Schatten, der zum Styx hinabgestiegen,
Bebt, wie er sie erschaut. Der ganze Hades sieht
Die schöne Mördrin vor dem Schäfer tief bereuen.
Umsonst! Er flieht sie, wie Ajax Ulyssen flieht,
Wie den Äneas flieht Dido, den Ungetreuen.


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