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15. Die Ratte und der Elefant

Sich etwas dünken, das ist Brauch bei uns zu Lande:
So mancher spielt den Mann von Stande
Und ist ein kleiner Bürger nur.
's ist echt französische Natur:
Alberne Eitelkeit ist uns besonders eigen.
Der Spanier hat sie, doch er wird sie so nicht zeigen:
Sein Stolz erscheint mir – sei's darum!
Viel törichter, doch nicht so dumm.
Laßt euch ein Bild, ganz nach dem Leben
Gezeichnet, von dem unsern geben.
'ne kleine Ratte sah 'nen Elefanten, der
Ein Riese war; sie lacht, wie langsam doch einher
Das große Tier schritt durch die Straßen!
Er ging geschmückt über die Maßen;
Auf seinem hohen Rücken saßen
Eine berühmte Sultanin,
Und Katze, Hund, Begleiterin,
Äffchen und Papchen, die mit der Gebieterin
Als Reisende das Land durchmaßen.
Die Ratte staunt, wie man im Land
Begierig war' zu schaun die schwer gewalt'ge Masse:
»Ob mehr, ob mindern Raum« so sprach sie »man umfasse,
Entscheidet das, ob hoch, ob niedrig unser Stand?
Nun, was bewundert ihr an ihm denn so, ihr Leute?
Den großen Leib, vor dem manch Kind wohl Angst empfand?
Wir dünken uns, ob klein, doch keines Halmes Breite
Geringer als ein Elefant.«

Sie hätte wohl noch mehr gesprochen;
Doch's Kätzchen, das herbeigekrochen,
Bewies ihr bald und kurzer Hand,
'ne Ratte sei kein Elefant.


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