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15. Der Hahn und der Fuchs

Auf einem Aste saß, die Hühner zu bewachen,
Ein alter sehr gewitzter Hahn.
»Brüderchen« sprach der Fuchs, mit Sanftmut angetan
»Laß heut uns endlich Frieden machen,
Kein Streit sei zwischen uns fortan!
Ich bring' die Botschaft dir. Komm 'runter, laß dich küssen,
Doch, bitte, schnell; denn du mußt wissen,
An zwanzig Meldungen hab' ich heut noch zu tun.
Ihr Hühnervolk könnt sorglos nun
Nachgehen wieder den Geschäften;
Wollt ihr's, wir helfen euch nach Kräften.
So soll es sein von heute ab;
Du aber komm' jetzt schnell herab,
Daß wir den Bruderkuß uns geben.«
»»Freund«« sagte drauf der Hahn »»mit größerem Genuß
hab' eine Botschaft ich noch nie gehört im Leben,
Als eben
Den Friedensschluß;
Und daß sie grad' aus deinem Munde
Mir kommt, freut doppelt mich. Wie eben ich erblickt,
Nahn, auch als Boten abgeschickt
Zu gleichem Zwecke, dort zwei Hunde,
Windspiele sind's – wart nur, sie sind gleich hier am Ort,
Ich komm' herunter, und wir küssen uns sofort.««
»So?« sprach der Fuchs »Leb' wohl! Noch weiten Weg zu machen
Hab' ich. Auf Wiedersehn! Und, Freund, von unsern Sachen
Ein ander Mal!« Und, hast du nicht gesehn,
Reißt aus der Strolch – er möcht' vergehn
Vor Wut, daß seine List mißlungen
Mit unsrem Hahn, dem alten Jungen.
Der aber lachte höchst vergnügt:
's macht doppelt Spaß, wenn den Betrüger man betrügt.


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