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5. Der Fuchs und der Ziegenbock

Altmeister Reineke ging einstmals zum Vergnügen
Mit seinem Freunde Bock, der hohe Hörner trug,
Sonst aber eben nicht weitsichtig war und klug,
Indes der erst' ein Schelm und Meister im Betrügen.
Vor Durst stieg man in einen Brunnen flugs,
Dort tranken sie sich satt und satter;
Und als sie nun genug getrunken, sprach der Fuchs
Zu seinem Freunde Bock: »Was tun wir nun, Gevatter?
Der Trunk war gut, allein wie kommt man aus dem Loch?
Heb' deine Vorderbein' und auch die Hörner noch,
Stemm' an die Mauer fest sie an; auf deinem Rücken
Erst in die Höhe klettre ich,
Schwing' dann auf deine Hörner mich;
Auf diese Art wird's mir schon glücken
Herauszukommen allgemach,
Und später dann zieh' ich dich nach.«
»»Trefflich, bei meinem Bart!«« spricht jener »und ich lobe
So kluge Leute immer sehr;
Ich für mein Teil wär nimmermehr
Darauf gekommen, nicht die Probe!««
Das Füchslein springt heraus, läßt den Kam'raden drin
Und hält dann noch mit weisem Sinn
'ne Red', um ihm Geduld zu pred'gen:
»Hätten« so fängt er an »die Götter dir, die gnäd'gen,
So viel Verstand im Hirn verliehn wie Bart am Kinn,
Dann wärest du nicht so leichtsinnig
Hinabgestiegen. Nun leb' wohl! Ich bin heraus;
Sieh, wie du nachkommst! Gib dir Müh' und harre aus!
Ich hab zu tun, und darum bin ich
Verhindert, länger noch jetzt hier bei dir zu stehn.«

Bei jedem Dinge muß man auf das Ende sehn.


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