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3. Die Ratte, die sich von der Welt zurückgezogen

Das Morgenland kennt eine Sage
Von einer Ratte, die, von Sorgen abgespannt,
Entfernt von aller Erdenplage,
Zuflucht in einem Käse fand;
Dort wohnte einsam und in Frieden
Sie, rings von aller Welt geschieden.
Der neue Eremit wühlt sich mit Fuß und Zahn
Hinein und bricht geschickt sich Bahn,
So daß ganz kurze Zeit, nachdem er angefangen,
Er Speis' und Obdach hat – was kann man mehr verlangen?
Er wurde dick und fett; reichen Segen verleiht
Gott denen, die sich ihm geweiht.
Einst ward der Heil'ge angegangen
Durch Boten aus der Rattenstadt,
Die kamen, um ein klein Almosen zu erflehen;
Sie mußten in die Fremde gehen,
Da mit dem Katzenvolk sich Krieg entsponnen hat.
Rattopolis war eingeschlossen;
Sie reisten ohne Geld, der angegriffne Staat
Litt Mangel und wußt' sich nicht Rat,
Da spärlich seine Mittel flossen.
Sie baten wenig nur, da Hilfe, wie man wußt',
In vier, fünf Tagen kommen mußt'.
»Freunde« sagt der Einsiedler ihnen
»Die ird'schen Dinge gehn schon längst mich nichts mehr an!
Ein armer Klausner, sagt, wie kann
Der euch beistehn? womit euch dienen
Als durch Gebet, daß Gott euch Hilfe mag verleihn?
Ich hoffe sicherlich, er wird euch gnädig sein.«
Und eiligst schloß nach diesem Worte
Der neue Heil'ge seine Pforte.

Und diese Ratte ohne Spur
Von Herz – wer saß wohl zu dem Bilde?
Ein Mönch? O nein, ein Derwisch nur;
Ein Mönch ist, mein' ich, stets voll Menschenlieb' und Milde.


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