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16. Der Schatz und die beiden Männer

Ein Mann, der weder Geld mehr hatte noch Vertrauen,
In dessen Börse nur zu schauen
Der Teufel, das heißt: Nichts mehr, war,
Meint', sich zu hängen wär' doch gar
Das Beste, um ein Ziel zu setzen seinen Nöten;
Denn tät' er's nicht, würd' ihn doch bald der Hunger töten
Ein Tod, der solchen nur gefällt,
Die wissen möchten, wie man scheidet aus der Welt.

In dieser Absicht hat der Mann ein alt Gemäuer
Zum Schauplatz ausersehn sich für sein Abenteuer.
Er hat 'ne Schnur und schlägt 'nen Nagel mit Geschick
Jetzt in die Mauer, dran zu festigen den Strick.
Die Mauer, alt und sehr gebrechlich,
Wankt schon beim ersten Schlag, und aus ihr fällt ein Schatz.
Der arme Teufel nimmt ihn auf, ganz unaussprechlich
Erfreut, und trägt ihn fort; den Strick läßt er am Platz.
Er zählt nicht seinen Fund, die Freud' hätt's nicht gelitten.
Noch während unser Schelm ausreißt mit flücht'gen Schritten,
Naht der Besitzer, sucht sein Geld am alten Ort
's ist fort!
»Wie?« rief er »Soll den Schmerz ich lebend überdauern?
Ich hänge mich nicht auf! Und doch, im Augenblick
Tät ich's, hätt' ich nur einen Strick!«
Die Schnur hing noch, sie schien auf ihren Mann zu lauern.
Er hängt sich wirklich auf. Dies eine tröstet nur
Ihn noch in seinen letzten Stunden,
Daß doch ein anderer für ihn bezahlt die Schnur.
So hat das Geld und auch der Strick 'nen Herrn gefunden.

Des Geiz'gen Ende ist nur selten tränenleer;
Was er vergräbt, bringt ihm wenig Lust, viel Beschwerde:
Nur für die Diebe sammelt er,
Für seine Erben, für die Erde.
Was aber sagt man zu Fortunas Tausche jetzt?
Das ist so recht ein Streich, an dem sie sich ergötzt;
Und geht ganz toll es her, freut sie sich ganz unbändig.
Die Göttin, immer unbeständig,
Hat sich's mal in den Kopf gesetzt,
'nen Menschen hängen sehn zu wollen;
Und der sich hängte, war zuletzt,
Der nie gedacht, es tun zu sollen.


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