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13. Die Wölfe und die Schafe

Nach tausendjähr'gem Krieg und Haß über die Maßen
Schlossen die Wölf' und Schaf' ein friedliches Kartell.
Zu beider Vorteil war's, das sah man klar und hell;
Denn wenn die Wölfe manch verirrtes Schäflein fraßen,
Macht' auch sich mancher Hirt 'nen Rock aus ihrem Fell.
Sie waren unfrei: Die auf ihrer fetten Weide,
Jene beim Raub in Wald und Heide!
Zitternd genossen sie das Futter und den Schlaf.
Nun war der Friede da, und Geiseln stellten beide:
Der Wolf sein Junges, und den Wächterhund das Schaf.
Es ward der Tausch, wie's im Gesetze vorgeschrieben,
Durch Abgeordnete betrieben.
Nach ein'ger Zeit fühlt sich der jungen Wölflein Schaar
Als ausgewachsne Wölf', und, gier nach dem Blutbade,
Benutzen sie die Zeit, da von den Hürden grade
Das Hirtenvolk abwesend war;
Die Hälfte würgen sie der Lämmer ab, und zwar
Die fettsten – und nun fort damit zum Wald, dem kühlen.
Den Ihren hatten sie's schon heimlich kundgetan.
Die Hunde schlummern fest in sichrer Ruhe Wahn
Und werden schlafend abgetan;
Und das geschieht so schnell, daß sie fast gar nichts fühlen.
Zerfleischt lag alles da, kein einziger entrann.
Woraus den Schluß man ziehen kann:
Vor Bösen kann man nur durch steten Kampf sich schützen.
Gut ist der Friede, das ist wahr,
An sich; allein was kann er nützen
Mit Feinden, die der Treue bar?


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