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3. Der Pächter, der Hund und der Fuchs

Es sollen Wolf und Fuchs gar schlimme Nachbarn sein;
In dieser beiden Näh' baut' ich ein Haus mir nimmer.
Der letztre lauerte schon immer
Des Pächters Hühnern auf; und ob auch schlau und fein,
Gelang's ihm doch nicht recht, das Federvieh zu fassen.
Für unsern Meister Fuchs das Ärgerlichste war
Der Hunger einerseits, andrerseits die Gefahr.
»Soll« rief er »ich das sitzen lassen?
Dies Pack lacht ungestraft mich aus!
Ich geh', ich komm' um aufzupassen,
Ersinne List auf List; der Bauer bleibt zu Haus,
Behaglich und bequem, schlägt Geld aus allen Dingen,
Verkauft Geflügel, schmaust auch selbst Kapaun, Fasan
Und was er will; und ich – krieg' ich 'nen alten Hahn,
Dann möcht' ich schon vor Freude springen!
Warum hat Vater Zeus zu einem Fuchse doch
Mich ausersehn? Ja, ich beschwöre alle Mächte
Des Styx und des Olymp, zur Sprache bring' ich's noch!«
Nachdenkend, wie er wohl sich rächte,
Wählt eine Nacht er aus, da Morpheus reichen Saft
Geträufelt; alles lag in tiefen Schlummers Haft:
Verwalter, Diener, Vieh, der Hund selbst lag umfangen
Von festem Schlaf. Es hat der Pächter überdies,
Indem den Stall er offen ließ,
'nen höchst leichtsinn'gen Streich begangen.
Leicht dringt der Räuber in den schlecht bewachten Ort,
Entvölkert ihn und füllt ihn an mit Blut und Mord.
Am nächsten Morgen fand man dort
Die Spuren seiner Tat, vergoßnen Blutes Zeichen
Und haufenweis getürmte Leichen.
Fast wär' die Sonne, schreckverstört,
Zurückgesunken in des feuchten Bettes Frieden.
So schuf Apoll einst, zornempört
Ob solchen Anblicks auf den prahlenden Atriden,
Ein blutig Leichenfeld; man sah der Griechen Macht
Vernichtet fast – es war das Werk nur einer Nacht.
So zog Ajax, wahnwitz'gen Mutes,
In toller Gier vergoßnen Blutes,
Erschlagner Schafe um sein Zelt 'nen wüsten Kreis;
Den Nebenbuhler wähnt', Ulyß, er mit zu töten
Und sie, die schamlos ohn' Erröten
Dem andern zuerkannt den Preis.
Der Fuchs, ein Ajax heut, die Hühner zu bekriegen,
Schleppt fort, so viel er kann, das andre läßt er liegen.
Der Herr tat, was man meist in solchen Fällen tut:
Er schilt die Dienerschaft und zankt mit seinem Hunde:
»Verdammtes Tier, du bist nur zum Ersäufen gut!
Was gabst du von dem Mord nicht augenblicklich Kunde?«
»»Warum ließt ihr's denn zu? Leicht war der Dieb gestört!
Ihr konntet euch als Herr, dem alles dies gehört,
Bei unverschloßner Tür ganz ruhig schlafen legen
Und wollt, daß ich, der Hund, dem gar nichts dran gelegen,
Für nichts und wieder nichts den Schlaf euch opfern soll?««
Der Hund sprach höchst verständnisvoll;
Fast möcht' ich zu behaupten wagen,
Ein Herr könnt's auch nicht besser sagen.
Doch da er nichts war als ein Hund,
Fand man, daß er nichts tauge, und
Der arme Kerl ward sehr gehauen.
Wer du auch sei'st, Hausherr und Vater (im Vertrauen
Sag' ich dir, dieses Glück erregte nie mir Neid),
Auf andre baun, indes du schläfst, ist nie gescheit.
Als letzter geh' zu Bett und schließ' die Türen richtig.
Bau' nicht in Sachen, die dir wichtig,
Auf eines Anwalts Tätigkeit.


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