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2. Der Rat der Ratten

Ein Kater Namens Rodilard
Wütet so grimmig unterm Volk der Ratten,
Daß keine fast gesehn mehr ward,
So viele sandt' hinab er in das Reich der Schatten.
Der kleine Rest wagt sich, von Angst und Schrecken matt,
Nicht aus dem Loch und ißt sich kaum zur Hälfte satt.
Als einstmals nun der Held auf fernem Dache war,
Galantem Liebesdienst zu frönen,
Da, während er sich baß ergötzt mit seiner Schönen,
Versammelt heimlich sich zum Rat der Ratten Schar,
Was in der Not man wohl beginne!
Der Obmann rät sogleich, begabt mit klugem Sinne,
Daß eine Schelle man befest'ge jedenfalls,
Und zwar in größter Eil', an Rodilardus' Hals,
So daß, wollt' auf die Jagd er ziehen,
Man schon von fern ihn hört und Zeit hat zu entfliehen.
Daß dies das einz'ge Mittel sei,
Darin trat jedermann des Obmanns Meinung bei;
'nen bessern Weg zum Heil wußt' keiner anzusagen.
Allein wie bindet man die Schell' ihm um?
Der spricht: »Ich sollt' es tun? Nein, ich bin nicht so dumm!«
Ein andrer: »Ich kann's nicht!« Ohn' eine Tat zu wagen,
Trennt man sich. Der Versammlungen gar viel
Sah ich, wie diese, ohne Zweck und Ziel,
Nicht nur von Ratten, nein, von weisen Magistraten,
Selbst von geschulten Diplomaten.

Handelt sich's nur um weisen Rat?
An Ratsherrn wird es nie gebrechen.
Doch gilt's entschloßner frischer Tat –
Ja, Freund, dann ist kein Mensch zu sprechen!


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