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12. Der Schwan und der Koch

Schwan und Gänschen lebten einsam
Auf 'nem Hofe, doch gemeinsam
Mit viel andrem Federvieh;
Für des Gebieters Aug' war jener ausersehen,
Für seinen Gaumen dies; im Park umherzugehen,
War er nicht wenig stolz, just wie im Hause sie.
Der beiden Tummelplatz waren des Schlosses Gräben;
Bald schwammen, Seit' an Seit', sie friedlich auf und ab,
Bald um die Wette schnell, bald tauchten sie hinab,
Doch nimmer mochte sich ihr Neid zufrieden geben.
Einst griff der Koch – er war betrunken jedenfalls –
Anstatt der Gans den Schwan; er packt ihn fest am Hals
Und würgt ihn, um als Supp' ihn auf den Tisch zu bringen.
Halb tot beginnt der Schwan sein Klagelied zu singen;
Da wird der Koch vor Schrecken bleich,
Und seinen Mißgriff merkt er gleich:
»Wie? Solch ein Sänger! Und der sollt 'ne Suppe geben?
Nein, nimmermehr – ich schwör's – raubt meine Hand das Leben
'ner Kehle, die so hold erklingt!«

Man sieht, daß, wenn Gefahr und Not uns auch umschweben,
Ein sanftes Wort nie Schaden bringt.


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