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7. Der Trunkenbold und sein Weib

Ein Fehler klebt gewiß unheilbar jedem an,
Nicht Scham noch Furcht hilft ihm dagegen.
Da fällt mir ein Geschichtchen ein, das kann
Als Beispiel diesen Satz belegen –
So halt' ich's stets. Ein echter Bacchussohn
Ward an Gesundheit schwach, an Geist und Beutel. Schade!
Gewöhnlich ist die Art auf halbem Lebenspfade
Mit ihrem Geld zu Ende schon.
Einst hatte dieser Mann, ganz voll vom Saft der Reben,
Den letzten Rest Verstand der Flasche preisgegeben;
Da sperrte seine Frau in eine Gruft ihn ein.
Hier gährt im Hirn der junge Wein
Ihm weiter fort. Als er erwacht mit leisem Schauer,
Sieht er rings um sich her des Todes ernst Geleit,
Die Kerzen und das Sterbekleid.
»Ha!« ruft er »was ist das? Trägt mein Weib Witwentrauer?«
Da kommt die Frau; man sieht, als Furie angetan
An Stimm' und Kleid, sie dem vermeintlich Toten nah'n
Mit Bier, so glühend heiß, als wär' es für den Teufel
Gekocht, das sie ganz dicht ihm vor die Nase hält.
Der arme Mann! Nun glaubt er ohne allen Zweifel,
Er sei schon in der Unterwelt.
»Wer bist du?« fragt er die Erscheinung sondergleichen.
»Bin Kellnerin in Satans Reichen«
Spricht sie »und Speise trag' ich allen denen zu,
Die in des Grabes Nacht versinken.«
Sogleich versetzt der Gatte: »Du,
Sag', bringst du ihnen nichts zu trinken?«


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