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4. Der Gärtner und sein gnädiger Herr

Ein Gartenfreund, nach seinem Stande
Halb Bürger und halb Bauersmann,
Besaß irgendwo auf dem Lande
'nen Garten, wohlgepflegt mit dem, was drum und dran,
Und von lebend'ger Heck' umgrenzt in ganzer Länge.
Lattich und Sauerklee wuchs dort in großer Menge,
Auch Massen Thymian, und nebenbei ein Rest
Jasmin zu duft'gem Strauß für Schätzchens Wiegenfest.
Dies ganze Glück ward nur getrübt durch einen Hasen;
Drob führt beim gnäd'gen Herrn der gute Mann Beschwer:
»Seht, das verwünschte Tier frißt täglich mir den Rasen
Und alle Pflanzen ab! Der Fallen spottet er,
Und Stein' und Knüttel, ach, die helfen auch nicht mehr.
Er muß ein Zaubrer sein!« »»Ein Zaubrer? I, das wäre!««
Sagt drauf der Herr »»Wär's selbst der Teufel, jedenfalls
Packt ihn trotz seiner List mein Nero bald am Hals.
Erlösen will ich euch, mein Freund, von ihm, auf Ehre!««
»Doch wann?« »»Nun, morgen gleich mach' ich mich drauf und dran.««
Gesagt, getan: er kommt mit seinen Leuten an.
»»He! Frühstück her!«« ruft er »»Sind auch die Hühner mürbe?
Nun, Töchterchen vom Haus, komm her und laß dich sehn!
Gibt's bald Hochzeit? Wann kommt der Mann, der um sie würbe?
Freundchen, das ist 'ne Sach' – Ihr werdet mich verstehn –
Da heißt's, tief in den Beutel greifen!««
Bei diesem Wort läßt er zu ihr die Blicke schweifen,
Setzt sich ganz nah an sie heran,
Faßt ihre Hand, den Arm, lüftet ihr Tüchlein dann.
Die Schöne wehrt mit schüchtern steifen
Bewegungen der Zärtlichkeit;
Dem Vater aber ging's nachgrade doch zu weit.
Indessen wird am Herd gesotten und gebraten.
»»Wo ist der Schinken her? Er scheint mir wohlgeraten.««
»Der ist für euch, o Herr!« »»So?«« spricht der Edelmann
»»Ich nehm' ihn gern und gnädig an.««
Er frühstückt gut, und die zu folgen ihm vermocht er,
Diener und Hund und Pferd sind stramm gleich ihm beim Schmaus;
Dem Wirt gibt er Befehl, nimmt manches sich heraus,
Trinkt seinen Wein und kost die Tochter.
Das Frühstück ist vorbei, ihm folgt der Lärm der Jagd:
Zum Aufbruch rüsten laut sich alle,
Vom Schmettern der Trompet' und all' dem Hörnerschalle
Wird unser Gutfreund schier verzagt.
Das schlimmste war, daß man den armen Küchengarten
Ihm kläglich niedertrat: ihr Beete, fahret wohl!
Fahrt wohl, Endivien, Lauch und Kohl!
Auf euch kann jetzt die Suppe warten!
Still lag der Has' im Kohl, in dem er sich verkroch.
Man spürt ihn auf, jagt ihn – husch! ist er durch ein Loch,
Nein, nicht ein Loch, ein Tor, 'ne schrecklich große Strecke,
Längs deren man die arme Hecke
Umriß – der Herr befahl's; es wär' ja auch ein Graus,
Könnt' man nicht hoch zu Roß zum Garten dort hinaus!
Der Mann sprach: »Solche Zucht! Es ist 'ne wahre Schande!«
Man ließ ihn reden; Hund' und Menschen hatten mehr
In einer Stunde Zeit verwüstet rings umher,
Als es in Jahren möglich wär'
Den Hasen all' im ganzen Lande.

Ihr Fürstlein, unter euch nur schlichtet euren Streit;
Sucht ihr der Kön'ge Schutz, seid ihr nicht recht gescheit.
Mit euren Kriegen müßt ihr nimmer sie befassen
Noch ins Geheg' euch kommen lassen.


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