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12. Das Schwein, die Ziege und der Hammel

Ein Hammel, eine Zieg' und ein gemästet Schwein
Wurden auf einem Karr'n zum Markte hin gefahren.
Nicht zum Vergnügen sollt' die Fahrt für sie just sein,
Da sie, soviel man weiß, bestimmt vom Kärrner waren,
Am Markte zum Verkauf zu stehn,
Und nicht um den Hanswurst zu sehn.
Frau von Sau schrie, als wär's geschehn
Um sie und folgten ihr zehn Schlächter auf den Spuren;
Ja, einen Lärm, um taub zu werden, machte sie.
Die andern, gutes Volk und sanftre Kreaturen,
Wunderten sich gar sehr, weshalb sie Hilfe schrie;
Sie sahen keinen Grund zu zagen.
Der Kärrner spricht zur Sau: »Was hast du denn zu klagen?
Du machst uns alle toll! Warum gibst du nicht Ruh'?
Die beiden andern, weit anständiger als du,
Sollten dich Lebensart oder doch Schweigen lehren!
Sieh diesen Hammel an, hält er sich nicht fast stumm?
Weil er klug ist.« »»Nein, er ist dumm!««
Sagt die Sau »»Wüßt' er nur, auf welchem Gang wir wären,
Er macht' es wohl wie ich und schrie aus vollem Hals;
Und jene andre gute Seele
Schrie ebenso aus voller Kehle!
Sie denken, nehmen will man ihnen allenfalls,
Der Ziege ihre Milch, dem Hammel seine Wolle.
Ob's richtig, sei dahingestellt;
Doch mir, die höchstens gut man hält
Zum essen, droht der schmerzenvolle
Und sichre Tod. Fahr' wohl, o Welt!««

Frau von Sau zeigt' ein fein Verständnis, sollt' ich meinen;
Allein was nützt' es ihr? Steht fest das Unheil, dann
Kann Furcht und Klagen auch nichts ändern mehr daran,
Und der Kurzsichtigste wird stets der Klügste scheinen.


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