Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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Erste Abteilung.

1. Der Garten

Herr Albert hatte vor dem Tore der Stadt einen schönen Garten. Der kleine Max, sein Sohn, zeigte große Freude an den mancherlei Blumen. Der Vater wies ihm daher ein eigenes Gartenbeet an, damit er darauf nach Lust Blumen pflanzen könne. Der Gärtner grub es sogleich um, machte es mit dem Rechen schön eben und faßte es mit grünen Primelstöckchen ein, an denen man bereits kleine Blumenknospen sah.

Nach einigen Regentagen kam der Vater mit Max wieder in den Garten. Und siehe, alle die gelben, feuerfarbenen und dunkelroten Primeln waren nun ausgeschlagen; und inmitten dieses Blumenrahmens bildeten auf dem braunen Grunde unzählige zarte grüne Blättchen die drei großen, schönen Buchstaben MAX.

Der Knabe blieb höchst erstaunt vor dem Beetchen stehen und rief: was seh ich! Da ist ja mein Name aus dem Boden hervorgewachsen! O sage doch, liebster Vater, wie konnten diese Buchstaben so groß und so schön aus der Erde hervorkommen? Der Vater sprach lächelnd: Meinst du nicht, das könnte von ungefähr so gekommen sein? Vielleicht hat der Wind die Samenkörnlein so hingestreut, daß diese Buchstaben zum Vorschein kommen mußten. – O nein, nein! rief Max. Das ist unmöglich! Doch halt – jetzt geht mir ein Licht auf. Diese Buchstaben hast du in die Erde gezeichnet, hast dann die Samenkörnlein von Kresse hineingestreut, die Körnlein wieder mit Erde bedeckt und so kamen dann die zarten Pflänzchen in dieser schönen Ordnung hervor. Das weiß ich gewiß. Gesteh es nur, liebster Vater, das hast du getan, um mir eine unerwartete Freude zu machen. – Nun wohl! sprach der Vater. Du kannst also nicht zweifeln, daß ich diese Buchstaben gebildet habe, betrachte nun diese Blumen, die deinen Namen umgeben. Sind sie nicht viel kunstreicher gezeichnet, als diese Buchstaben, und überdies noch sehr schön bemalt? Sollte nicht irgendwo ein großer Verstand sein, der den Grundriß dazu in die kleinen Samenkörnlein gezeichnet hat? Sollte nicht irgendwo ein liebendes Herz sein, das uns damit erfreuen will? – Max ergriff die Hand des Vaters und rief: O liebster Vater, jetzt sehe ich es so klar ein, wie noch nie in meinem Leben: Gott hat diese und all die noch viel schöneren Blumen in diesem Garten geschaffen, uns zu zeigen, daß er uns liebe. – So ist's, sprach der Vater; unser ganzer Garten voll Blumen ist ein großes Buch, in dem wir auf allen Blättern lesen können, wie freundlich, wie gütig, wie mächtig und weise der liebe Gott sei.

Die ganze Welt in ihrer Pracht
Zeigt Gottes Weisheit, Lieb und Macht.


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