Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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150. Der fröhliche Hirtenknabe

Ein fröhlicher Hirtenknabe hütete an einem heitern Frühlingsmorgen in einem blumigen Tale zwischen waldigen Bergen die Schafe und sang und sprang vor Freude. Der Fürst jenes Landes, der in der Gegend jagte, sah ihn, rief ihn zu sich, und sprach zu ihm: warum bist du denn so gar lustig, lieber Kleiner?

Der Knabe kannte den Fürsten nicht und sagte: Warum soll ich nicht lustig sein? Unser gnädigster Landesfürst ist nicht reicher als ich. – So? sprach der Fürst; laß doch einmal hören, was du alles hast! – Der Knabe sagte: Die Sonne an dem schönen blauen Himmel scheint für mich so freundlich, wie für den Fürsten, und Berg und Tal grünen und blühen für mich so schön, wie für ihn. Meine beiden Hände gäbe ich nicht für hunderttausend Gulden, und meine beiden Augen wären mir um alle Kostbarkeiten in der fürstlichen Schatzkammer nicht feil. Ueberdies habe ich alles, was ich wünsche; denn ich wünsche nicht mehr, als ich nötig habe; ich esse mich täglich satt, habe Kleider, mich ordentlich zu bedecken und bekomme für meine Mühe und Arbeit jährlich so viel Geld, daß ich damit ausreiche. Und könnt Ihr sagen, daß der Fürst mehr habe? – Der gütige Fürst lächelte, gab sich zu erkennen, und sprach: Du hast recht, guter Knabe, und kannst nun sagen, der Fürst selbst habe dir recht gegeben. Bleibe bei deinem fröhlichen Sinn.

Zufriedenheit macht froh und reich,
Und wohl dem größten König gleich.


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