Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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39. Die Erdschwämme

Die Mutter schickte einst die kleine Katharina in den Wald, Schwämme zu suchen, weil sie der Vater sehr gerne aß. – Mutter, rief das Mädchen, als sie zurück kam, diesmal habe ich recht schöne gefunden! Da sieh nur, sagte sie, und öffnete das Körbchen, sie sind alle schön rot, wie Scharlach, und wie mit weißen Perlen besetzt. Es gab wohl noch von jenen braunen unansehnlichen, von denen du neulich brachtest; sie waren mir aber zu schlecht, und ich ließ sie stehen. – O du einfältiges, törichtes Kind, rief die erschrockene Mutter. Diese schönen Schwämme sind trotz Scharlach und Perlen lauter giftige Fliegenschwämme, und wer davon ißt, muß sterben. Jene braunen aber, die man Brätlinge nennt, und die du verschmähtest, gehören ungeachtet ihres schlechten Aussehens unter die besten.

So, liebes Kind, ist es noch mit vielen Dingen in der Welt. Es gibt Tugenden, die wenig Aufsehen machen, und glänzende Fehler, die der Tor bewundert. Ja, der betrügerische Schein des Bösen kann uns leicht zur Sünde verführen. Allein

Die Sünde, die uns Lust verspricht,
Ist süßes Gift – o trau ihr nicht!


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