Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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101. Die vier Elemente

Ich will ein Gärtner werden, sagte Philipp, als er vierzehn Jahre alt war und ein Handwerk lernen sollte. Es ist schön, immer unter grünen Kräutern und wohlriechenden Blumen zu leben. Allein nach einiger Zeit kam er wieder nach Hause und klagte, er müsse sich da immer zur Erde bücken und darauf herumkriechen; Rücken und Knie täten ihm davon wehe und er habe die Gärtnerei aufgegeben. Hierauf wollte Philipp ein Jäger werden. Im grünen, schattigen Walde, sagte er, da ist's ein herrliches Leben. Allein bald kam er wieder und beschwerte sich, er könne früh vor Tag die freie Luft nicht vertragen, die ihm bald feucht und nebelig, bald grimmig kalt um die Nase wehe. Es fiel ihm nun ein, ein Fischer zu werden. Auf dem hellen, klaren Flusse im leichten Schifflein dahinfahren und, ohne einen Fuß müde zu machen, Netze voll Fische aus dem Wasser zu ziehen, das ist lustig, sagte er. Allein auch diese Freude war ihm bald verleidet. Das ist ein nasses Handwerk, sagte er; das Wasser ist mir ganz zuwider. Endlich wollte er ein Koch werden. Dem Koche, sagte er, müssen Gärtner, Jäger und Fischer alles einliefern, was sie durch ihren Fleiß gewinnen und es fehlt ihm nie an guten Bissen. Allein er kam abermal mit Klagen nach Hause zurück. Es wäre alles gut, sagte er, wenn nur das Feuer nicht wäre, wenn ich so am flammenden Herde stehe, so ist's mir nicht anders, als müßte ich vor Hitze verschmelzen. Allein der Vater gab es nun nicht mehr zu, daß Philipp zum fünften Male ein anderes Handwerk wähle, sondern sprach vielmehr in großem Ernste: wenn du zufrieden leben willst, so mußt du die Beschwerden des Lebens mit männlichem Mute ertragen lernen, wer allem Unangenehmen ausweichen wollte, das die vier Elemente hier und da für uns haben, der müßte aus der Welt hinaus gehen. Denke nur fleißig an das Gute, an dem es deinem gegenwärtigen Stande gewiß nicht fehlt, so werden dir allmählich seine Mühseligkeiten gering erscheinen. – Philipp folgte seinem Vater und wenn späterhin andere Leute klagten, beruhigte er sie, indem er sagte: Ich hab's erfahren, was das heißt:

Genieße, was dir Gott beschieden,
Entbehre gern, was du nicht hast;
Ein jeder Stand hat seinen Frieden,
Ein jeder Stand hat seine Last.


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