Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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189. Die Mutterträne

Ein junges Fräulein bekam einen Brief, der sehr schmeichelhaft und verführerisch geschrieben war. Sie zeigte voll des kindlichsten Zutrauens den Brief ihrer Mutter. Die liebevoll besorgte Mutter las ihn, entfärbte sich und ihre Tränen fielen auf das gefährliche Blatt. Da rief das Fräulein: O liebste Mutter, seien Sie außer Sorgen! Ihre Tränen haben alle diese Schmeicheleien und Versprechungen, die in dem Briefe stehen, bis auf die letzte Silbe ausgelöscht. Die Mutter umarmte ihre Tochter und schenkte ihr einen Ring mit Diamanten, die heller funkelten, als Tautropfen im Sonnenglanze. So oft man dir wieder solche Anträge macht, sprach sie, so sieh diese Steine an und denke: es seien Tränen deiner Mutter.

Gedenke stets der Mutterzähren,
So wird kein Laster dich entehren.


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