Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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95. Der Regen

Ein Kaufmann ritt einst vom Jahrmarkt nach Hause und hatte hinter sich ein Felleisen mit vielem Gelde aufgepackt. Es regnete heftig, und der gute Mann wurde durch und durch naß. Darüber war er unzufrieden und klagte sehr, daß Gott ihm ein so schlechtes Wetter zur Reise gebe. Sein Weg führte ihn durch einen dichten Wald. Hier sah er mit Entsetzen einen Räuber stehen, der mit einer Flinte auf ihn zielte und sie abdrückte. Er wäre ohne Rettung verloren gewesen; allein von dem Regen war das Pulver feucht geworden, und die Flinte – ging nicht los. Der Kaufmann gab dem Pferde die Sporen und entkam glücklich der Gefahr. – Als er in Sicherheit war, sprach er bei sich selbst: Was für ein Tor bin ich gewesen, daß ich das schlechte Wetter verwünscht und es nicht als eine Schickung Gottes geduldig angenommen habe. Wäre der Himmel heiter, und die Luft rein und trocken gewesen, so läge ich jetzt tot in meinem Blute, und meine Kinder warteten vergebens auf meine Heimkunft. Der Regen, über den ich murrte, rettete mir Gut und Leben. Künftig will ich nicht mehr vergessen, was das Sprüchlein sagt:

Was Gott schickt, das ist wohlgemeint,
Obgleich es uns oft anders scheint.


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