Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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97. Der Regenbogen

Nach einem furchtbaren Gewitter erschien ein lieblicher Regenbogen am Himmel. Der kleine Heinrich sah eben zum Fenster hinaus und rief voll Freude: Solche wunderschöne Farben habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen! Dort bei dem alten Weidenbaume am Bache reichen sie aus den Wolken bis auf die Erde herab. Gewiß tröpfeln alle Blättlein des Baumes von den schönen Farben. Ich will eilends hin und alle Muschelschalen in meinem Farbenkästlein damit füllen. Er sprang, so schnell er konnte, dem Weidenbaume zu. Allein zu seinem Erstaunen stand der arme Knabe nun im Regen da, und ward nicht das geringste von einer Farbe gewahr. Durchnäßt vom Regen und traurig kehrte er zurück und klagte sein Mißgeschick dem Vater. Der Vater lächelte und sprach: Diese Farben lassen sich in keine Schale auffassen! die Regentropfen scheinen nur im Glänze der Sonne eine kleine Weile so schön gefärbt. Allein so, mein liebes Kind, ist es mit aller Herrlichkeit der Welt; sie dünkt uns etwas zu sein, ist aber nur eitler Schein.

Laß dich vom Scheine nicht betrügen,
Sonst kehrt in Schmerz sich dein Vergnügen.


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