Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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166. Der freigebige Gärtner

Ein alter, freundlicher Gärtner war sehr wohltätig gegen die Armen. Manches Stück Geld, für das er sich ein schöneres Kleid, zierlicheres Hausgerät, oder irgend ein Vergnügen hätte verschaffen können, gab er den Notleidenden, die ihn um Hilfe ansprachen. Dabei sagte er gewöhnlich: Je nun, ich muß wieder ein Aepfelein über den Zaun werfen! Man fragte ihn einmal, was er mit den sonderbaren Worten sagen wolle. Da erzählte der Gärtner: Ich rief einst einige Kinder in meinen Baumgarten, erlaubte ihnen von dem Obste, das unter den Bäumen lag, so viel zu essen, als sie wollten, verbot ihnen aber, etwas davon in die Tasche zu schieben und mit sich zu nehmen. Ein Knabe war jedoch so listig und warf einige der schönsten Aepfel über den Zaun, um sie dann draußen wieder zu finden.

Der Knabe handelte allerdings, gleich dem Haushälter im Evangelium, sehr schlecht, und ich ließ ihn deshalb nie mehr in meinen Garten. Allein wie die Biene aus mancher giftigen Blume Honig zieht, so lernte ich aus dieser bösen Tat etwas Gutes.

Sieh, fiel mir ein, es ist mit uns Menschen in der Welt, wie mit den Kindern in diesem Garten. Wir dürfen die Güter dieser Welt zwar gebrauchen, aber nichts davon mitnehmen. Was wir aber davon den Armen geben, das werfen wir gleichsam über den Gartenzaun, und wir werden es einmal jenseits des Zaunes – in der Ewigkeit wieder finden.

Was wir dahier den Armen geben,
Bleibt aufbewahrt für jenes Leben.


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