Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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135. Der Jahrmarkt

Eine wohlhabende Frau auf dem Lande hatte keine Kinder, und wollte daher ein fleißiges und sittsames Mädchen aus ihrer Verwandtschaft in der Stadt an Kindesstatt annehmen. Sie begab sich deshalb einstens dahin, und kaum war ihr Vorhaben bekannt geworden, so fanden sich auch sogleich mehrere Mädchen bei ihr ein, empfahlen sich ihr und rühmten sich, mit ihr verwandt zu sein. Die Frau ließ dieses vorerst auf sich beruhen und gab jedem der Mädchen ein Geldstück, indem sie sagte: Es ist heute Jahrmarkt; kauft euch auf dem Markte selbst etwas von dem ein, was euch lieb und wert ist. Dann kommt aber wieder, und laßt mich sehen, was ihr gekauft habt. Die Mädchen eilten fort und kamen voll Freuden wieder zurück. Fast alle brachten bunte Bänder, Schnüre glänzender Perlen, goldgestickte Haubenzeuge und ähnliche Putzwaren und zeigten die vermeintlichen Herrlichkeiten der Base. Nur ein einziges Mädchen, die arme Auguste, hatte nichts von dergleichen Dingen gekauft, sondern ein Gebetbüchlein und einen Spinnrocken nebst einem Dutzend Spindeln.

Das gefiel der Frau. Sie nahm Auguste freundlich bei der Hand und sagte: Es freut mich, liebes Kind, daß du deinen Sinn schon frühe auf das Beten und Arbeiten richtest. Die andern haben es durch ihr törichtes Einkaufen nur zu deutlich gezeigt, daß ihnen an Putz und Eitelkeit mehr gelegen ist, als an Frömmigkeit und Arbeitsamkeit. Du bist von nun an meine Tochter!

Fahre so fort, werde immer frömmer und besser, und sei immer fleißig, so wird der liebe Gott immer mit dir sein, und sein Segen wird dir überall folgen. Arbeite fleißig, bete gern, das ziert dich mehr als Band und Stern.

Des Menschen ganzer Wert besteht
In treuer Arbeit und Gebet.


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