Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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136. Die Maskerade

Ein Edelmann gab einigen Gästen eine prächtige Abendmahlzeit, während man an der Tafel saß, kamen zwei Masken in den Saal, die nicht größer waren, als Kinder von fünf bis sechs Jahren, und einen vornehmen Herrn und eine vornehme Frau vorstellten. Der Herr hatte ein scharlachrotes Kleid mit goldenen Borten an; seine große wollige Perücke war schneeweiß gepudert, und in der Hand hielt er einen bordierten Hut. Die Frau war in goldgelben Taft mit silbernen Flittern gekleidet, hatte ein niedliches Hütchen mit hohen Federn auf dem Kopf und einen Fächer in der Hand. Beide tanzten sehr zierlich und machten öfter sehr köstliche Sprünge. Jedermann sagte, man könne die Geschicklichkeit dieser artigen Kinder nicht genug bewundern.

Da nahm ein alter Offizier, der mit zu Tische saß, einen Apfel von der Tafel, und warf ihn zwischen das tanzende Paar. Plötzlich stürzten Herr und Dame auf den Apfel los, stritten und zerrten sich darum wie wütend, rissen sich Masken und Kopfputz ab – und anstatt des Paars geschickter Kinder kam ein paar garstiger Affen zum Vorschein. Alle an der Tafel erhoben ein lautes Gelächter; der alte Offizier aber sprach sehr ernsthaft: Affen und Narren mögen sich immerhin prächtig herausputzen; es kommt doch bald an den Tag, wer sie sind.

Was nützt ein prächtiges Gewand,
Fehlt dir's an Tugend und Verstand.


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