Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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29. Die Rübe

Ein armer Taglöhner hatte in seinem Garten eine ungemein große Rübe gezogen, über die sich jedermann verwunderte. Ich will sie unserem gnädigen Herrn verehren, sagte er; denn es freut ihn, wenn man Feld und Garten wohl bestellt. Er trug die Rübe in das Schloß. Der Herr des Schlosses lobte den Fleiß und den guten Willen des Mannes und schenkte ihm drei Dukaten. Ein Bauer im Dorfe, der sehr reich und sehr geizig war, hörte das, und sprach: Jetzt verehre ich dem gnädigen Herrn auf der Stelle mein großes Kalb. Gibt er für eine lumpige Rübe schon drei Goldstücke, wie viel werde erst ich für ein so schönes Kalb bekommen! Er führte das Kalb an einem Stricke in das Schloß und bat den gnädigen Herrn, es zum Geschenke anzunehmen. Der Herr merkte wohl, warum sich der geizige Bauer so freigebig anstelle, und sagte, er wolle das Kalb nicht. Allein der Bauer fuhr fort zu bitten, die geringe Gabe doch nicht zu verschmähen. Endlich sprach der kluge Herr: Nun wohl; weil Ihr mich denn dazu zwingt, so nehme ich das Geschenk an. Da Ihr aber so besonders freigebig gegen mich seid, so darf ich mich auch nicht karg finden lassen. Ich will Euch daher ein Gegengeschenk machen, das mich wohl Zwei- bis dreimal mehr kostet, als euer Kalb wert ist. Und mit diesen Worten gab er dem erstaunten und erschrockenen Bauern – die ihm wohlbekannte große Rübe.

Ein edles Herz erwirbt sich Lohn,
Versteckter Eigennutz nur Hohn.


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