Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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8. Die Resede

Aber warum hast du doch immer dieses kleine, grüne Kräutlein in dem zierlichen Topfe hier am Fenster stehen? fragte Fräulein Blandine ihre Mutter. In unserem Garten blühen doch eine Menge Blumen; womit erwarb sich gerade dieses unbedeutende Pflänzchen vor allen übrigen Gewächsen ein solches Vorrecht? – Es ist wahr, sprach die Mutter, dieses zarte Gewächs, Resede genannt, prangt weder mit dem Purpur der Rose, noch mit dem weißen Atlasglanze der Lilie, noch mit der bunten Farbenpracht der Tulpen; allein seine unansehnliche, schmucklose Blüte hat einen so milden, sanften Geruch, daß er wohl selbst den Wohlgeruch der Rose übertrifft: und noch spät im Herbste, ja sogar im Winter, wenn längst alle Blumen verwelkt sind, erfüllt es das Zimmer noch mit seinem erquickenden Dufte. Die Resede ist deshalb ein Bild der stillen bescheidenen Tugend, die allein wahren Wert hat, und dann noch besteht, wann alle Schönheit längst verblüht ist.

Wir wollen äußern Glanz nicht achten,
Und nur nach innrer Güte trachten.


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