Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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178. Der Pilger

In einem schönen Schlosse, von dem schon längst kein Stein auf dem andern geblieben ist, lebte einst ein sehr reicher Ritter. Er verwendete sehr viel Geld darauf, sein Schloß recht prächtig auszuzieren; den Armen tat er aber wenig Gutes. Da kam nun aber ein armer Pilger in das Schloß, und bat um Nachtherberge. Der Ritter wies ihn trotzig ab und sprach: Dieses Schloß ist kein Gasthaus. Der Pilger sagte: Erlaubt mir nur drei Fragen, so will ich weiter gehen. Der Ritter sprach: Auf diese Bedingung hin mögt Ihr immer fragen. Ich will Euch gern antworten. Der Pilger fragte ihn nun: Wer wohnte doch wohl vor Euch in diesem Schlosse? – Mein Vater! sprach der Ritter. – Der Pilger fragte weiter: Wer wohnte vor Eurem Vater da? – Mein Großvater! antwortete der Ritter. Und wer wird wohl nach Euch darin wohnen? fragte der Pilger weiter. Der Ritter sagte: So Gott will, mein Sohn!

Nun, sprach der Pilger, wenn jeder nur eine Zeit in diesem Schlosse wohnet, und immer einer dem andern Platz macht – was seid ihr denn anders hier, als Gäste? Dieses Schloß ist also wirklich ein Gasthaus. Verwendet daher nicht so viel, dieses Haus so prächtig auszuschmücken, das Euch nur kurze Zeit beherbergt. Tut lieber den Armen Gutes, so bauet Ihr Euch eine bleibende Wohnung im Himmel. Der Ritter nahm diese Worte zu Herzen, behielt den Pilger über Nacht und wurde von dieser Zeit an wohltätiger gegen die Armen.

Die Herrlichkeit der Welt vergeht,
Nur, was wir Gutes tun, besteht.


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