Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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16. Die Pflaumen

Frau von Halden besuchte einmal mit ihren vier Kindern den Großvater in seinem schönen Garten. Der Großvater brachte auf einem Rebenblatte vier Pflaumen, die gelb wie Gold und so groß wie Eier waren. Er bedauerte, daß noch nicht mehrere reif seien. Ihr mögt indes selbst zusehen, sprach er im Scherze, wie ihr vier Pflaumen unter fünf Personen austeilt, ohne daß in der Rechnung ein Bruch vorkommt. – O, das will ich, sagte Leonore, die älteste Tochter; nur bitte ich mir aus, daß ich gleich und ungleich benannte Zahlen ein wenig untereinander mengen darf. Sie nahm die vier Pflaumen und sprach: wir zwei Schwestern und eine Pflaume machen zusammen drei; meine zwei Brüder und eine Pflaume machen auch drei; diese zwei Pflaumen und die Mutter sind zusammen übermal drei. So geht alles gerade und ohne Bruch auf. Leonorens Geschwister waren mit dieser Teilung sehr zufrieden. Die erfreute Mutter aber bestand darauf, jedes der Kinder solle eine Pflaume bekommen, und der Großvater brachte Leonore noch überdies einen schönen Blumenstrauß. Denn, sagte er, Lorchens sinnreiche Rechnung macht ihrem Witze sehr viel, ihrem kindlichen Herzen aber noch mehr Ehre.

Verstand und Witz gefallen sehr,
Ein edles Herz unendlich mehr.


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